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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 8.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.1201#0245
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Deutsches

Zeitschrift

str bildende Knust, Baukunst und

Kunstgewerbe.

Kunstblatt

Hrgan

der Kunstvereine von

Deutschland.



Unter Mitwirkung von

Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Schnaase

in Berlin — Förster in München — Eitelberger v. Edelberg in Wien.

Lrdigirt nnn /. Eggers in 3telin.

Jahrg. VIII. M 27.

Man abonnirt in Berlin bei Heinrich Schindler, Köpnickerstraße Nr. 92,

in London bei Williams u. Norgate, in Covenhagcn bei (£. A. Neitzel,

„ Paris bei F. Klincksseck, „ Brüssel bei <S. Muqnardt,

„ Petersburg bei Eggers u. Co., „ New-Bork bei Wcstermann u. Co.,

„ Stockholm bei Donnier, „ Nom bei I. Spithövcc,

so wie in allen Buchhandlungen und Postämtern des In- und Auslandes fllr den vierteljährlichen

Preis von 1 Thlr. 20 Sg^. incl. aller Beilagen.

3. Juli 1837.

Inhalt: lieber die ästhetischen Prmcipien der monumentalen Architektur. H. Von Dr. Hübsch. — Kaulbach's „Schlacht bei Salamis." — M. v. Schwind's
„Kaiser Rudolph." — Münster in Ulm. Von Thrän. — Kunslliteratnr. Kostümkunde. Von Hermann Weiß. — Zeitung. Berlin. München.
Wien. Nürnberg. Köln. Leipzig. Frankfurt a. M. Halberstadt. Bromberg. Worms. Paris. London. Amsterdam. — Kunstvcreine. Der Kunst-
verein in Rostock. Kuustvereins-Kalender lfür das Jahr 1857.

lieber die acsthctischen Prinripicir der monumentalen

Architektur.

Von Dr. Hübsch.

(II.

Nun, es ist wenigstens aus den bisherigen Betrachtungen so
viel zu entnehmen, daß bei der architectonischen Schönheit mehrere
Factoren wirken. Kann sie aber ein bloß beliebiges Aggregat von
mancherlei ästhetischen Eigenschaften sein? — Gewiß nicht. Wir
haben also nach einem inneren nothwendigen Vereinigungspunkte,
nach einem ästhetischen Hauptprincipe zu suchen. Und zu diesem
Ziele führt uns die wohl von Niemandem zu bezweifelnde That-
sache: daß jedes bedeutende Bauwerk, so wie überhaupt jedes andere
Kunstwerk nicht bloß das Auge oder das Ohr des Menschen er-
götzt, sondern zugleich auch seinen Geist in Anspruch nimmt. Dies
führt.aber folgerichtig zu dem Schlüsse: daß ebenso, wie der Mensch, eine

organische Vereinigung von Leib und Seele ist, wie er zwei Na-
turen hat, auch bei der vollständigen Schönheit ein gleicher Dua-
lismus herrscht. Sprechen wir es daher geradezu als oberstes
ästhetisches Princip, und zwar nicht allein für die Architectur, son-
dern für alle schönen Künste aus, daß die vollständige Schönheit
eine innige Verschmelzung zweier Pose ist, welche in ihren extrem-
sten Eigenschaften einander gerade entgegengesetzt sind, und hierin'—
wenn wir. in der .Ausdrncksweise der neueren Philosophen sprechen
wollen — ihr dialectisches Leben hatten. Es.muß hiernach das
Kunstwerk sowohl einen geistigen Inhalt characteristisch aussprechen,
als auch denselben in sinngefälliger Weise vortragen oder darstellen.
Eine ausschließlich geiftig d;araeteriftifd;e Stuffaffung unb eine aller
Sinnen-Gefälligkeit ermangelnde Darstellung würde Gefühle erregen,
die sich , eigentlich nicht von den moralischen Gefühlen des Herzens
(der sogenannten schönen Seele) unterschieden.. .Und. .. ebenso stände

VIII. Jahrgang.

ein bloß sinngefälliges mit gar keinem geistigen Inhalte zusammen-
hängendes Formenspiel, das instinctartig gefällt, nicht viel höher,
als das bloß Angenehme für Ohr und Auge. Ein solches ästheti-
sches Gefühl würde sich aber nicht wesentlich von den grobsinnlichen
Gefühlen unterscheiden. Die volle Schönheit lebt also in einer
glücklichen Verschmelzung beider Sphären. Die Kunst ist sowohl
für den Geist und das Herz da, als auch für die Sinne, und zwar

für das Auge und das Ohr, die edelsten Sinne, die der Seele zu-

nächst stehen, und am wenigsten egoistischer (interessirter) Art sind.

müssen also zwei Pole oder Sphären der Schönheit ange-
nommen werden: ein geistiger oder vielmehr spiritualer, den wir
den charaeteristisch- schönen Pol, und ein sinnlicher, den wir
den formal-schönen Pol, nennen wollen. Dabei ist jedoch zu
bemerken, daß der letztere nicht ganz dasselbe ist, was man gewöhn-
lich mit dem Ausdruck „schöne Form" uneigentlich zu bezeichnen

pflegt: denn die characteristische Schönheit giebt sich ja — wenig-
stens in den bildenden Künsten — ebenfalls durch sinnlich wahr-
nehmbare Formen kund, sonst könnte sie gar nicht erkannt werden.
Und wenn man in der gefälligen formalen Seite allein schon die
Schönheit oder das Aesthetische als vollständig enthalten erklären
wollte, während man die characteristische Seite eines Kunstwerks
-nicht als zur Schönheit im eigentlichen Sinne des Worts gehörend,
sondern nur als den geistigen Inhalt oder den Gegenstand zur
Schönheit hinzubringend ansehen wollte; so müßte man consequenter
Weise die ganz einfache Musik, z. B. den cautus firmus, und
ebenso die poetischen nicht metrischen Hymnen re. als aller Schönheit
noch gänzlich ermangelnd erklären, was man denn doch nicht wohl
wird behaupten wollen.

Diese genannten beiden Schönheits-Pole treten denn auch dem
aufmerksamen Blicke in der Kunstgeschichte überall, entgegen und
sind so zu sagen, sehr deutlich auseinander gelegt. /Es war immer
bei dem Erscheinen einer neuen Hauptrichtung die Aufmerksamkeit
und Begeisterung zuerst fast ausschließlich auf die characteristische
 
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