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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 8.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.1201#0412
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dern bizarr, ja geradehin absurd erscheinen würde, zu wundersamer
Befriedigung gelungen. Es ist so, es könnte gar nicht anders sein.
Und dabei haben wir es bekanntlich nur mit einer Vignette zu
thun, die das versifizirte Jnhaltsverzeichniß zum „Leben der Maria"
Zu schmücken hatte.

Wir sind lebhaft gespannt, ob und welche Perlen aus diesem
Werk uns ferner das vorliegende Unternehmen noch bringen, welche
Wahl es unter den ebenbürtigen Geschwistern, sder kleinen und
großen Passion und der Apocalypse treffen wird, — denn wir
bergen den Wunsch nicht, den großen Meister, soviel innerhalb
der gesteckten Grenzen möglich, nach allen Seiten seines Ge-
nius hin wiedergegeben zu sehn, und das schon Geleistete recht-
fertigt gewiß die höchsten Erwartungen. Nur noch ein Wort über
die Ausstattung, auf die man nicht von Papier und Format unsrer
Beilage schließen möge, sondern welche in den stattlichen Heften je-
dem Anspruch unsrer verwöhnten Zeit befriedigt. Zwölf solcher
Hefte (zu je drei Blättern) vollenden das Werk, jedes zu dem Preise
von 1 Thlr. - 6 Sgr., für den wohl kaum jemals so Gediegenes, ja
wir stehen nicht an zu sagen, so Kostbares für den, der es zu wür-
digen weiß, geboten wurde.

Vc. |Jerluty 22. Okt. Der künstlerische Nachlaß.' des^ kürzlich verstor-
benen ttefflichen Schorn, des Directors unseres Königl. Kupferstichkabinets,*)
wird unter der Hand an Kunstfreunde veräußert und lockt deßhalb seit einigen
Tagen manchen Besuch in die Wohnung des Verstorbenen (Oranienstraße 103).
Die Räume sind noch angefüllt, die Wände noch bedeckt mit den Zeugnissen der
feinsinnigen Kunstliebe ihres ehemaligen Besitzers und Bewohners, der sie sorg-
fältig zusammengebracht, liebevoll gehegt hat und bei seinem Scheiden noch den
Wunsch äußerte, daß sie in würdige Hände übergehen und den künftigen Be-
sitzern eben soviel Freude machen möchten, wie sie ihm gemacht? Schorn hatte
als ächt künstlerisch.gestimmte Natur eine Abneigung gegen das durch fabrikmäßige
schablonenarttge Thätigkeit Entstandene. Daher findet man bei ihm kein Meubel,
keinen Stuhl, keinen Tisch oder Schrank, dem nicht ein besonderes künstlerisches
Interesse anhaftete. Theils sind es wirklich alte Werke, Prachtstücke der Rococo-
zeit, wie z. B. ein großer geschnitzter Barockrahmen zu einem Ofenschirm, theils
find es gute Nachahmungen älterer Werke, theils endlich hat Schorn aus alten
Bruchstücken mit großem Geschick neue Schöpfungen zusammengesetzt, die durch
gewandte Verwendung des Vorhandenen eine neue organische Gestalt gewonnen
hat. So finden sich denn auch prächtige Uhrgehäuse, Kommoden und Schränke,
Sophas, Sessel und Stühle verschiedenster Art, fermer prachtvolle Decken und
Teppiche und mehr dergleichen, was einen Liebhaber reizen und einen Kenner
befriedigen kann. — An den Wänden ringsum aber hängen die eigentlich
künstlerischen Schätze, und unter diesen manches Ausgezeichnete, Werthvolle.
Der Mehrzahl nach sind es Handzeichnungen, Kartons, Skizzen, Aquerelle und
Oelbilder moderner, größtentheis noch lebender Meister. Von Kaulbach
finden' wir verschiedene humoristische Zeichnungen, dann den Karton zu dem
Gemälde an der Neuen Pinakothek, wo die Kämpfe der erwachenden deutschen
Kunst mit dem akademischen Zopfe dargestellt sind'; den h. Georg als Drachen-
tödter, sodann die Portraits von Schorn und dessen früh verstorbenem Bruder
K. Schorn. Von diesem sind die Skizzen seines Widertäuferbildes und seines
„Pabst Julius III. vor dem Portrait Luthers" vorhanden; andere interessante
Werke, meist geistreiche Skizzen, von Magnus (von diesem ein prächtiges
jugendlich männliches Portrait), Menzel, CretiuS, Werner, L. Jacobv,
Landschaften von Trippel, A. Berg, Bürklein u. A. schließen sich an. Nichts
ist bedeutungslos; an jedem Stück hängt ein besonderer künstlerischer Reiz.

• -S- Mlünchen. (Halbig ö Modell zum Platen-Monument.) Zu den in
diesem Jahre aus den Werkstätten der Plastik hervorgegangenen Dichterdenkmä-
lern hat sich nunmehr auch das Platen-Monument gesellt; wenigstens ist das
Modell zur Statue des Dichters vom Künstler jetzt vollendet Und in diesen Ta-
gen bereits im Atelier desselben ausgestellt gewesen. Der unmittelbare Eindruck

*) Eine Biographie des Verstorbenen dürfen wir unfern Lesern von der
bewährten Hand unsres verehrten Mitarbeiters Sotzmanu versprechen.

desselben ist, wenn kein überraschender und imponirender, doch befriedigender und
dem Charakter des Dichters entsprechender. Wenn es bei der künstlerischen Ver-
ewig uugeines Dichters'hauptsächlich darauf ankommt, in und mit dem Bilde
seiner Persönlichkeit zugleich eine Erinnerung an die wesentlichsten Eigenschaften
seiner Poesie zu erwecken, so bestand bei einer, plastischen Darstellung Platen's
die Aufgabe besonders darin, irgendwie zur Anschauung zu bringen, mit welcher
Meisterschaft er es verstanden hat, den Gehalt unsrer modernen Weltanschauung
in das Gewand der antiken Formen zu kleiden: denn obschon die Bedeutung
Platens mit der Hervorhebung dieser Seite seines Wesens keineswegs in er-
schöpfender Weise ausgedrückt ist, so ist doch unbestreitbar, dass er sich durch kei-
nen andern seiner Vorzüge in gleichem Maße vor anderen Dichtern ausgezeich-
net und dem Bewußtsein der deutschen Nation imprimirt hat. Von dieser An-
sicht scheint sich auch der Künstler haben leiten lassen. Darum hat er sich in
Betreff der Gewandung weder für das rein-moderne, noch für das rein-antike
Costüm entschieden, sondern das eine mit dem andern in der Art vereinigt, daß
er dem Rock, sowie der Bein- und Fußbekleidung den modernen Schnitt, dage-
gen dem Mantel die Formen und Falten eines • griechischen Ueberwurfs gegeben,
beide aber so modificirt und angeordnet hat, daß sie zusammen nicht minder
einen einheitlichen, harmonischen Eindruck machen, wie die Vereinigung moder-
ner Vorstellungen und antiker Rhythmen in den Plateu'schen Dichtungen.

In Betreff der Körper- und Gesichtsbildung ist der Künstler im Wesentlichen
der Natur gefolgt, jedoch auch hier den Forderungen des Idealismus in so weit
gerecht geworden, daß zwischen dem Kern und der Hülle kein Widerspruch besteht,
vielmehr die Frage Goethe's:

„Stehn uns diese weiten Falten

Zu Gesichte wie den Alten?" x

hier mit gutem Recht bejaht werden kann. Der Ausdruck des Gesichts ist ent-
schieden der eines Nachdenkenden, besonders wenn man die Statue von vorn
oder von der rechten Seite betrachtet. Hiemit ist die Behandlung der Arme und
Hände im Einklang: denn in der gesenkten Rechten hält er einen Griffel, in der
bis zur Taille gehobenen Linken dagegen, welche zugleich den einerseits von ver-
linken Schulter herabfallenden, andererseits unter dem rechten Arm nach vorn
geschlungenen Mantel zusammenfaßt, hält er ein auf die Thätigkeit des Griffels
harrendes Buch, und der zwischen die Blätter desselben umgelegte Finger deutet
unverkennbar an, daß der Dichter eben mit der Gestaltung oder AuSfeiluug eines
Gedankens beschäftigt ist. Ist hiedurch ausgedrückt, daß die dargestellte Persön-
lichkeit mehr ein Mann des Denkens als der That, und mehr ein mit Bedacht
und Sorgfalt gestaltender, als leicht und flüchtig schaffender Dichter gewesen ist,
so spricht sich hingegen in der geraden, straffen Haltung seines Körpers, so wie
in der den Fortschritt audeuteudeu Stellung des linken Beines nicht minder
deutlich aus, daß er kein bloß beschaulicher intuitiver, sondern ein der Außenwelt
zugekehrter, an den Bestrebungen und Kämpfen der Zeit und der Völker, theil-
nehmeuder Dichter war; ja die untere Partie seines Gesichts, welche besonders
bei der Betrachttmg von der linken Seite ins Auge fällt, deutet durch einen fast
martialischen Ausdruck zugleich an, aus-welchem Stande er hervorgegangeu ist.

Aus alledem geht hervor, daß sich der Künstler die Charakteristik des Dich-
ters mit glücklichem Erfolg hat angelegen sein lassen, und daß das Bild desselben
in diesem Monument auf eine des Dichters würdige Weise der Nachwelt über-
liefert werden wird. In rein formeller Beziehung lassen sich gegen die Arbeit
einige Bedenken erheben. Der Hals, der fast ganz unverhüllt gehalten ist, scheint
ungewöhnlich lang; ebenso die Beine, insbesondre der linke Unterschenkel. Da-
gegen macht der Rumpf bis zur Taille und der Oberarm den Eindruck, als ob
sie etwas zu kurz ausgefallen wären. Ob diese Abweichungen in der natürlichen
Gestalt des Dichters begründet oder vielleicht für die Ansicht der Statue in wei-
terem Raume gar nicht vorhanden find, vermag ich nicht zu entscheiden. Ebenso
lasse ich dahingestellt, ob der etwas künstliche Faltenwurf unter der linken Hand
zufällig entstanden ist, oder ob vielleicht der Künstler damit auf die künstlich ver-
schlungenen Formen, in welche Platen seine Gedanken zu kleiden liebte, hat hin-
denten wollen.

(^5 SttuitgtNtt. Wir. wurden auf ein bemerkenswerthes Bild aus der
Ulmer Schule - aufmerksam gemacht, welches sich , in Besitz des Hrn. Hauptmaun
von Ca m er er befindet, und sahen ein 7 zu 8 Fuß großes, gut restaurirtes Ge-
mälde auf Lindenholz, darstellend Gott Vater mit dem Leichnam Christi im
Schooße. Das Haupt des Erlösers lehnt an der Schulter des Vaters; über das
Antlitz geht ein Lächeln der Verklärung. Gott sitzt auf einem Thron, der vor
einer Altarnische zu stehen scheint. Er ist mit einem rothen Mantel angethan
und hat die Tiara auf dem Haupte; seine Gesichtszüge, von regelmäßiger Schön-
heit, tragen den Ausdruck männlich stillen Schmerzes. Auf der Schulter-
Christi sitzt die weiße Taube. Hinter der Lehne des Thronfeffels, von schwarzer
Farbe mit Gold gestickt, schauen, vier Engel hervor. Zu Leiden Seiten aber des
Thrones schweben noch zwei andere Engel mit den Marterwerkzeugen. Sie tra-
gen lange weiße Kleider; der zur rechten Gottes hat blaue Aufschläge und Bän-
der daran, der zur Linken rothe. Dieser trägt die Säule und das Rohr, jener
 
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