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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 8.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.1201#0485
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gewirkt haben und wirken, wenn sie ans den Ausstellungen erscheinen, eh' sie in
den Besitz der schon immer mit Ungeduld wartenden Liebhaber übergehn. Der
Preis ist 11 Thlr. Einzelne Blätter werden für 20 Sgr. abgegeben.

Von Photographien redend, wollen wir nicht versäumen einer großen und
reichen Sammlung zu gedenken, welche Herr Bock (Firma: Behr'sche Handlung,
Unter den Linden 27) aus Florenz von der rühmlich bekannten Anstalt der Brü-
der Alinari erhalten hat. Die Freunde italienischer Kunst und Natur finden hier
eine große Auswahl berühmter und klassischer Bauwerke, sowie Werke der bilden-
de,: Künste, auch einige landschaftliche Darstellungen aus Florenz, Pisa, Siena,
Orvieto, Assisi und Perugia.

— Den zahlreichen Verehrern des reichen Eenius von Schinkel wird es
eine willkominene Nachricht sein, daß eine Auswahl von dreißig der im Schinkel-
schen Museum befindlichen Zeichnungen in einer sehr gelungenen Weise von Laura
Bette (unter den Linden Nr. 5) photographirt worden ist. Vornehmlich sind
dieses Landschaften, welche die seltene Vereinigung des Talents für getreu nach
der Natur genommene Ansichten, und für freie, poetische Ersindnugen in glänzen-
der Weise bethätigen. Für die Behandlung verdienen vor allen die Federzeich-
nungen, z. B. eine Ansicht des Bades Gastein Bewunderung. Dabei ist der
Preis von 20 Sgr. für jede Photographie so mäßig, daß deren Erwerbung auch
dem Minderbemittelten ermöglicht ist. G. F. Waagen.

L. tuttflart. Unsre Kunstausstellung ist ZN Ende. Sie war die
letzte in: Turnus der sieben verbundenen rheinischen Vereine, und sowohl an in-
nerm Gehalt als Zahl der Werke der Kunst eine der bedeutendsten, die je hier
ftattgefunden. Auch konnte diesmal die regelmäßige Klage über Mangel an
historischen Bildwerken nicht laut werden, dä dieser erste Kunstzweig mit reichen
und vollen Blüthen prangte. Vor Allen übte Moritz von Schwind's großes Ge-
u:älde (Kaiser Rudolfs Ritt nach Speier) große Anziehungskraft. Wie überall
theilte sich das Urtheil über dieses jeden Falls bedeutende Werk in zwei diametrale
Richtungen, und das größte Lob und der höchste Tadel wurden in vollem Maaße
ergossen. Das Nichtige wird da wohl in der guten Mittelstraße zu suchen und zu
finden sein, und könnten sich die extremen Parteien auf den rechten Standpunkt
stellen, so würden sie bald zu der Einsicht gelangen, daß sowohl das „Zu viel"
als das „Zu wenig" vom Uebel ist, und daß man einen Meister eben nehmen
muß, wie er wirklich ist, nicht wie er sein könnte. — Von andern hervorragenden
historischen Bildern nennen wir Jäger's: „Christus im Hause des Pharisäers,"
worin besonders die Christusfigur mit dem vortrefflich individualisirten Kopfe
zur Geltung gebracht wurde. Von großer Bedeutung in Beziehung auf Stini-
mnng und titianische Farbenpracht zeigte sich Pecht's „Einnahme Venedig's."
Der denkende reichbegabte Künstler wird seine Gründe haben, eine Episode zur
Hauptsache und diese wiederum zur Episode zu machen; dankbarer für den gege-
benen Vorwurf bleibt jedenfalls das, was uns Pecht mit so außergewöhnlichem
Talente dargestellt hat; die präsentirenden stracken Regimenter thun der Ferne
wohler, als dem Vordergründe, und wir können uns mit der Darstellnngsweise
des Künstlers vollkommen einverstanden erklären. — Von dem tüchtigen Koloristen
Jacobs aus Gotha sahen wir „Amor und Psyche, in einer Schaukel", sowie
einen jugendlichen „Bacchus mit einer Ziege", beide von blendender, aber süßer
Farbe. Mücke in Düsseldorf lieferte zwei Gemälde, „die Auferstehung Christi"
und die „Sage vom Wolfsbrunnen"; ersteres von scharfer Zeichnung und wohl-
' berechneter Färbung, letzteres weniger befriedigend, da der zartgemalte Körper an
zu kecker Verdrehung leidet. Ein andrer Düsseldorfer, H. Becker, zeigte sich als
sinniger Künstler in seinem „Hylas, von Nymphen, entführt." Die Komposition
ist reich an schönen Motiven und fein empfundenen Linien. Wollen aber solche
der alten Mythe entlehnte Stoffe Anziehungskraft auf das beschauende Pnblikun:
üben, so müssen sie namentlich in den nackten Fleischpartieen mit dem Farben-
zauber eines Riedel schmackhaft gemacht werden. — Aehnliches haben wir bei
I. Grün's Bilde „Napoleon in Moskau" zu sagen. Es gehört die feine ver-
edelnde Charakteristik eines de la Roche dazu, um solchem Süjet den nöthigen
Reiz zu verleihen. — Unter den Genre-Stücken können wir keins als besonders
hervorragend bezeichnen, obschon manches wohlgelungen und in der Technik ex-
cellirend zu nennen ist. So: Schendel's „Markt" mit der bekannten, aber
frappanten Lichtbeleuchtung; Vayl's „Atelier eines Malers" voll Naturwahrheit
und reizender Färbung; Schön's „Auswanderer" und „Zitherschlägerin," beide
mit zartesten: Pinsel gemalt und dennoch des schlagendsten Effekts nicht ent-
behrend. Ferner begrüßen wir noch als erfreuliche Leistungen G. Sohn's (in
Düsseldorf) „Kindertraum in der Christnacht," Grund's „Italienische Kinder,
mit Trauben spielend," Widmayer's „Unangenehme Ueberraschung," Spitz-
weg's „der Friede" und Zimmermann's „Fischerhütte." Ueberreich wie immer
war auch diesmal wieder die Landschaft vertreten, und als deren Glanzpunkt
haben wir vor Allen Schirmer's 4 große Bilder mit der Staffage des barm-
herzigen Samariters zu bezeichnen.. Besonders unter diesen wieder ist der
„Morgen" und die „Nacht" mit dem zaubrisch gemalten Mondaufgange hervor-
zuheben. Als Meister ihres Fachs haben sich ferner bewährt: Heinlein,

Steffan, Fontenay, Lapito, Jreland, Funk, Schweig, Miluer,
Roux, Junghein: undCluyver. Die „Ansicht von Amsterdam" von Ouvriö
wiirde ein Schmuck für jede Gallerie sein.

Zn den besten Thierstücken gehörten die von Voltz, Eberle und Braith.
Von todten: Geflügel-, Blumen- und sonstigen Stillleben-Stücken schweigen wir»
da uns das Interesse für diese Kunstgattungen abgeht und nur etwas ganz Aus-
gezeichnetes unser Auge zu fesseln im Stande ist. — Nur zwei Künstler hatten
plastische Arbeiten aufgestellt, der hiesige Bildhauer Güldenste!:: und Haben-
fchaden aus München. Ersterer brachte eine aus grobkörnigem Sandstein mit
großer Lebenswahrheit gemeißelte Figur, welche in halber Lebensgröße einen
schwäbischen Bauernknaben darstellte, der einen Schneeball abzuschleudern im Be-
griff steht. Von Habenschaden hatten wir ein großes Sortiment kleiner Thier-
gruppen, theilS Wild, theilS Hausthiere vorstellend. Wir haben an sämmtlichen
Werken eine lebendige Auffassung und äußerst charakteristische, sorgfältige Durch-
führung zu rühmen, und halten den talentvollen Künstler mit Recht für befähigt,
Versuche in größerem Maaßstabe zu machen, da wir von einen: glücklichen Re-
sultat überzeugt sind. — Schließlich erwähnen wir noch mit Vergnügen eines vom
Baurath Breymaun entworfenen Bauprojekts zu einem Gesellschaftshanse auf
der Silberburg, welche letztere den Besuchern'der Künstler-Versammlung in
freundlichem Andenken stehen wird. Statt des alten Gebäudes beabsichtigt die
Musenms-Gesellschaft einen Neubau, und der hierzu von Breymann gezeichnete
Plan zeugt von gediegenen: Geschmack und geschickter Benutzung der Oertlichkeit.
Eben so zweckmäßig sind die innern Eintheilungen getroffen, und mit musterhafter
Einsicht die Räumlichkeiten sowohl für die Zwecke der Gesellschaft als auch für
die einer größeren Wirthschaft angeordnet. Möchte das schöne Projekt, recht bald

zur Ausführung, gelangen.






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Lllllstuereinr.

Der Kunstverein in HalbersLadt

veröffentlicht soeben seinen neuesten Bericht, die Jahre 1856 und 57 umfassend.
Hiernach betrug im Jahre 1856 die Actienzahl 377 und stieg im Jahre 1857
bis auf 388.

Die diesjährige Ausstellung dauerte vom 15. April bis 20. Mai und ent-
hielt nach und nach gegen 500 Gemälde und andere Kunstwerke. Unter ihnen
glänzte vor allen das von Sr. Maj. dem Könige hnldvollst gewährte Bild von
Adolf Menzel: „Friedrich der Große und die Seinen Lei Hochkirch." Die
Kosten der Ausstellung betrugen 570 Thlr,, indeß die Eintrittsgelder nur 447
Thlr^ einbrachten, so daß ein Vorschuß von 93 Thlrn. zu decken bleibt. Zu An-
käufen von Kunstwerken hat der Verein 968 Thlr. verwendet, der Verloofungs-
verein 170 Thlr.; Private haben 12 Gemälde für 1685 Thlr. erworben, so daß
im Ganzen 3393 Thlr. auf dieser Ausstellung für Kunstwerke ausgegeben wor-
den sind.

Der Verloosungsverein zählte in diesem Jahre 340 Actionäre. Da wir als
der wärmste Bertheidiger der deutschen Kunstvereine und ihrer Bestrebungen be-
kannt sind, so dürfen wir an diesem Orte wohl unser Bedenken gegen die „Ver-
loosnngsvereine" aussprechen,'die sich auch den akademischen Ausstellungen in
Berlin anzuhängen pflegen, und die wir bei der Gelegenheit niemals unterlassen
haben aus Ueberzeugung zu tadeln. Sie bilden diejenige Einrichtung, welche
allein geeignet ist, dem sonst so wohlfeilen und bei völliger Unkenntinß der Wirk-
samkeit der Kunstvereine so vielfach gedankenlos nachgebeteten Vorwurf von der
„Beförderung der Mittelmäßigkeit" Vorschub zu leisten. Wir wissen sehr wohl,
daß die Leitung der meisten deutschen Kunstvereine und unter ihnen besonders
die des trefflichen Halberstädter Vereins in den besten Händen ist; allein es liegt
in der Natur eines solchen Berloosungs-Vereins, daß an seine Ankäufe ein min-
der strenger Maßstab gelegt wird, als an die Erwerbungen des Kunstvereins
selber, und als oft mit den Grundsätzen wahrer Kunstförderung vereinbar sein
mag.

Der Domherr von Spiegel zum Desenberg, der sein Interesse au dem
Verein bekanntlich auch dadurch bethätigt, daß er sich'verpflichtet hat, so lange eu
dem Verein angehört, dessen etwanige jährliche Unterbilanzen aus eignen Mitteln
zu decken, hat das von ihm gewonnene Bild von S. Diez: „armes, verlassenes
Weib" an den Verein mit der Voraussetzung zurückgeschenkt, daß die volle Jah-
reseinnahme von 1858 zur Erwerbung eines größeren fignrenreichen Bildes von
Lessing oder Lentze verwandt werden sollte. In Folge dessen hat der Verein das
Gemälde von E. Lentze: „Künstlerfahrt auf den Lagunen in Venedig", wovon
im Kunstbl. die Rede gewesen ist, und das sich des Beifalles erfreut, erworben.
Dieses Bild bleibt für die Ausstellungen in den Jahren 1858 und 59 reservirt^
 
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