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Me diese äußeren Schwächen, verbunden mit der Unzulänglchkeit der
Motive und den keine besondere Tiefe erreichenden Griffen in der
Composition bringen uns zu dem Resultat, daß der Verf. sich die
allerdings schwere Sache etwas zu leicht gemacht, eben allzu flüchtig
geschrieben hat. Firdusi, der dreißig Jahre au seinem Gedicht ar-
beitete, hätte wohl, wenn er einmal zum epischen Gegenstand gewählt
wurde, den Aufwand bedeutenderer Kraft verdient. Gestehn wir iudeß,
daß Vieles hiebei (in Bezug aus die Composition) an der Sprödig-
keit des Stoffes liegt, der zwar durch einige pikante Züge reizt, aber
schwer zu einem größeren Epos auszudehnen ist.

Heine hat das gefühlt und schrieb daher seinen Firdusi auf vier
Blätter, — ein gefährlicher, aber auch belehrender Vorgänger.

Shlikchkark auf dcr modernen englischen Aühnc.

Neunter Brief.

Goriolan. Wie sich von selbst versteht, ist stark gestrichen;
die Jneinanderschiebung iudeß ist sehr geschickt gemacht, so daß die
28 Scenenwechsel, die Shakespeare vorschreibt, auf 13 gebracht sind,
und zwar ohne dem Stück irgendwie Zwang anzuthun. Nirgends
macht sich eine Lucke fühlbar, und jeder Mensch von gesundem Sinne
wird sich ohne alle vorhergängige Kenntniß des Stücks und der
Geschichte, durchaus in dem Gegebenen zurecht finden. Ich schreib
es, neben manchem Anderen, besondes auch dieser zugleich klaren und
gedrungenen Anordnung zu, daß das Stück hier auf einem au
fond ärmlichen Privattheater einen so entschieden besseren Eindruck
auf mich machte, als in Berlin. Bekanntlich wurde es durch Hrn.
Dessoir bei uns eingeführt, der die Titelrolle spielte. Offen gesagt,
es langweilte mich; ich sah und hörte beständig Herrn Rott und
Herrn Dessoir, aber keinen Tribun und keinen Coriolan, und ohne
Frau Crelinger hätt' ichs gradczu nicht ausgehalten. Es war alles
steif, gezwungen, ich vergaß keinen Moment, daß ich im Theater
war. Wenn ich sagen sollte, daß die Coriolan-Aufsührung im Sad-
lers-Wells-Theater mich in's alte Rom versetzt hätte, so müßte ich
lügen, — es war alles so unrömisch wie möglich, aber es war-
englisch. Da liegt's. Es war gerade so durchweg englisch, wie
jede Zeile des Stücks es ist, und wenn ich auch nirgends dem an-
tiken Gegensatz zwischen Patriziat und Plebejerthum begegnete, so
hatt' ich wenigstens überall den Gegensatz zwischen englischer Aristo-
kratie und englischem mob. Diese Kerle mit ihren Knitteln waren
von der Straße genommen, und wenn das Ganze kein geschichtlich
wahres Bild war, so war es wenigstens ein lebenswahres. Das
war der Reiz der Darstellung. Phelps ist nicht immer gleich be-
deutend und ließ als Coriolan zu wünschen übrig. Miß Atkinson
(Volumina) ist ungleich bedeutender und von wirklich dramatischer
Gewalt.

Die 13 Scenen, aus denen diese Phelps'sche Arrangirung des
Coriolan besteht, vertheilen sich wie folgt:

Erster Akt. (1t) Scenen bei Shakespeare.)

Erste Scene. (Straße.) Aufrührerisches Volk. Die berühmte
Beruhigungs-Geschichte des Menen. Coriolans Auftreten und Ver-
höhnung des Volks. Kriegsbotschast, Ausbruch gegen die Volsker.

Zweite Scene. Tie drei Frauen im Hause des Cajus
Marcius.

Zweiter Akt. (3 Scenen bei Shakespeare).

Erste Scene. Kampf um Corioli; Sieg des Marcius; der

eifersüchtige Groll des besiegten Aufidius.

Zweite Scene. Coriolan als Sieger in Rom einziehend;
Jubel des Volks; Neid und Besorguiß der Tribunen.

Dritte Sccnc. Coriolan auf dem Capitol; vom Senat zum
Consul gewählt.

Dritter Akt. (3 Scenen bei Shakespeare.)

Erste Scene. (Forum und Straße abwechselnd.) Schwatzen-
des Volk. Coriolan „im Gewände der Niedrigkeit" um Stimmen
bettelnd. Ueberwirft sich mit den Tribunen (exit.) Die beleidigten
Tribunen wiegeln das Volk auf. Das Volk fühlt, daß es von Co-
riolan nur verhöhnt worden sei. Coriolan erscheint unter ihnen.
Das „Du sollst" der Tribunen macht ihn rasend. Das Volk, an-
gestachelt durch die Tribunen, dringt auf ihn ein. Er zieht sich end-
lich zurück. Menen verspricht, ihn zu einer Art Abbitte zu veran-
lassen.

Zweite Scene. (Haus des Coriolan.) Volumnia und Me-
nen bestimmen ihn endlich nachzugeben, und sich dem Volk und dem
Gesetz zu unterwerfen.

Dritte Scene. (Forum.) Die Tribüne klagen ihn an auf
Hochverrath. Er rast und schmäht und wird verbannt. Jubel des
Volks.

Vierter Akt. (7 Scenen bei Shakespeare.)

Erste Scene. (Antium. Nacht.) Coriolan vor dem Hause
des Aufidius. Wenige Worte mit den Dienern.

Zweite Scene. (Große Halle im Hause des Aufidius. Co-
riolan starrt in den Kamin.) Erkenuungssccne und Dialog mit Au-
fidius. Jntendirter Zug gegen Rom.

Dritte Scene. (Lager vor Rom.) Aufidius und sein Kriegs-
hauptmann. Wachsende Eifersucht des Aufidius.

Fünfter Akt. (5 Scenen bei Shakespeare.)

Erste Scene. Aufregung, Furcht, Rathlosigkeit in Rom. Er-
folglosigkeit der Gesandtschaften an Coriolan. Wuth des Volks ge-
gen die Tribunen. Menen und die Frauen sollen den letzten Ver-
söhnungsversuch machen.

Zweite Scene. (Lager vor Rom.) Volumnia :c. erscheinen
in Trauer. Coriolan erweicht. Folgt seiner Mutter nach Rom,
um einen ehrenvollen Frieden zu machen. In seiner Abwesenheit
Verschwörung der Parthei des Aufidius gegen ihn. Bei seiner
Rückkehr Anklage, Streit, Ermordung.

Wer ein Interesse daran nimmt, mag diese Art der Jnscene-
setzung mit dem Origiral vergleichen. Er wird nicht leugnen können
(da nun mal das Ganze nicht auszusühren ist), daß eine geschickte
Hand die Ueberarbeitung geleitet hat.

Aus dem Weichscldelta Reiseskizzen von Louis Passarge.
Mit einer Karte. Berlin 1837. Verlag der K. Geh. Oberhof-Buch-
druckerei (R. Decker). — Gerade wie gute Bilder die Augen zu öffnen
vermögen für das Malerische in der natürlichen Umgebung, so pflegt auch
die Fremde und die Ferne dazu beizutragen, uns empfänglicher für die
Schönheiten der Heimath zu machen. Zeitweilige Entbehrung dessen, was
man von Jugend auf als Selbstverständliches besessen hat, lehrt uns dieses
schätzen, und die Nothwendigkeit des Vergleichs trägt nicht minder zur Ge-
winnung eines objectiven Standpunktes bei. Der Vers, befindet sich in
dem Vortheil, sein Heimathlaud zu schildern, nachdem er, wie gelegentlich
aus dem Buche ersichtlich, ein gutes Stück der übrigen Welt gesehen hat.

Seitdem die Ostbahn gebaut worden ist, seitdem man den großartigen
und wunderbaren Brückenbau bei Dirschau unternommen und die alte Ma-
rienburg in neuem Glanze hat erstehen lassen, ist die Aufmerksamkeit und
das Interesse der Gebildeten vielfach auf das Weichseldelta gerichtet wor-
den. Nun existirt zwar für den Eingehenden eine ziemlich reiche einschla-
gende Literatur, besonders über Danzig und Marienburg, auf welche auch
in den angehängten Anmerkungen und Belegen zum vorliegenden Buche überall
hingewieseu wird; allein dennoch, oder besser um so mehr ift für den, der
weder oberflächlich noch mit Spezialzwcckeu reift, ein Buch am Orte, das
 
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