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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 6.1900

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Heft 10 (Juli)
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Osborn, Max: Erster Rundgang durch die deutsche u. oesterreichische Abtheilung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6696#0195
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Dr. Max Osborn: Erster Rundgang.

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stell - Arbeiten hervorblinkten: einige grün
gebeizte Mahagoni - Möbel, eine sehr amü-
sante Ofen-Ecke, ein paar mit Perlmutter-
rosen gezierte Thürstücke, ein paar Ecken
hellfarbigen Satins, der mit Applikations-
Stickerei geziert und offenbar zur Bekleidung
von Wand- oder Deckenfüllungen bestimmt
war — lauter Stücke von erlesenem Ge-
schmack. Ich glaube, die Oesterreicher
werden hier einen grossen Erfolg haben,
und es ist möglich, dass er ihnen nur
von den Reichs-Deutschen streitig ge-
macht wird. Doch seien wir vorsichtig
und massigen wir unsere Freude, bis
die anderen Völker sich zum Worte
melden. — Im Palais des beaux arts
ringen in kunstgewerblicher Hinsicht,
d. h. betreffs der dekorativen Saal-Aus-
schmückung, ebenfalls nur Deutsche
und Oesterreicher um die Palme. Nur
in ihren Sälen ist überhaupt der Ver-
such gemacht, die Räume künstlerisch
auszustatten. Mit den Wienern Hoff-
mann und Urban tritt hier Emanuel
Seidl in Wettbewerb. Er hat freilich
einen ganz anderen Weg eingeschlagen
und, in der richtigen Erkenntniss, dass
man hallenartige Ausstellungs - Räume
anders als einen kleinen Salon zu be-
handeln hat, für die grossen, stattlichen
Säle, die Deutschland zur Verfügung
gestellt wurden, nach einem monu-
mentalen Stil gesucht. Er hat sich
für die reizvoll antikisirende Art ent-
schieden, die wohl Stuck zuerst mit
Erfolg angewandt hat: für diese merk-
würdige Mischung aus griechisch-pom-
pejanischen, leise ans Empire erinnern-
den und ganz modernen Elementen,
mit der der Maler der »Pallas Athene«
und des »Siegers« seine Skulpturen
geschaffen und sein Haus am Isar-Ufer
gebaut hat. Seidl hat in diesem Stil
zunächst einen »Prunksaal« in der
kunstgewerblichen Abtheilung ge-
schaffen, einen sehr originellen farben-
prächtigen Raum. Vortrefflich passen
in diese ganz auf starke koloristische
Wirkungen gestellte Prunkhalle die
Möbel von Franz Stuck, Nachbildungen r

der für sein Haus von ihm gezeichneten
Stücke: griechisch-empireartige Hocker und
Tische und eine Chaiselongue, auf der man
mit einiger Phantasie die schöne Madame
Recamier mit nackten Füssen ruhen sieht.

Von dem, was alle diese sorgsam und
geschmackvoll hergerichteten Räume des
»Grand Palais« in ihrem Innern bergen,
kann man leider nicht ganz mit der gleichen
rückhaltslosen Anerkennung sprechen. Die

M. OLBKICH—DARMSTADT.

Pfeiler-Schrank.
 
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