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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 6.1900

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Heft 10 (Juli)
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Osborn, Max: Erster Rundgang durch die deutsche u. oesterreichische Abtheilung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6696#0196

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468

Dr. Max Osborn — Berlin:

RUDOLF BOSSELT — DARMSTADT.

österreichische Malerei ist quantitativ wie
qualitativ recht schwach vertreten. Neben
den kleinen Bildern von Jettel und Moll ist
nicht viel Bemerkenswerthes zu finden, und
der »clou« des grösseren Sezessions - Saales
ist Klimts unglaubliche »Philosophie«, vor
der ich im Stillen den Wiener Professoren
alles abbat, was ich auf Grund der Zeitungs-
berichte über sie gedacht habe. Das Werk
ist einfach verfehlt, ja noch mehr: es ist
unerträglich, und die wackeren Hüter der
Wissenschaft haben nur ihrem Selbst-
erhaltungstrieb gehorcht, wenn sie sich
sträubten, ihre Aula damit zu verschönern.

Die deutsche Kunst - Abtheilung darf
man mit der österreichischen nicht in einem
Athem nennen. Sie ist unvergleichlich
reicher und interessanter. Die grossen Per-
sönlichkeiten, von denen wir doch, wie man
hier wieder einmal mit Freuden konstatirt,
eine ansehnliche Reihe besitzen, sind wenig-
stens beinahe sämmtlich vertreten. Doch
man hätte ohne Frage erheblich sorgsamer
zu Werke gehen können. Gewiss, von

Ktipfer-getriebenes Ziffer-Blatt. (Vgl- S. 46g.)

Liebermann, Gotthardt, Kuehl, Kalckreuth,
Gabriel Max, Bartels, Dettmann, Haber-
mann, Herterich, Arthur Kampf, Leßsius,
Schönleber und manchen anderen sieht man
karakteristische Werke. Lenbach, der Vor-
sitzende der Hänge - Kommission, hat sich
selbst sogar mit nicht weniger als — elf,
freilich elf herrlichen Porträts bedacht! Aber
wenn man genauer zusieht, stösst man auf
schwere Sünden. Menzel ist durch zwei
winzige Aquarelle repräsentirt! Leibi durch
ein einziges, ganz kleines Bildchen, das man
nur nach angestrengtem Suchen findet!
Thoma durch ein Selbst - Porträt, das von
der tiefen Poesie seiner Kunst natürlich
keinen Begriff zu geben vermag! Stuck
durch sein riesiges »Verlorenes Paradies«,
vielleicht sein schwächstes Werk! Skarbina
durch seinen grossen »Allerseelentag«, viel-
leicht seine verfehlteste Arbeit! Leistikow
durch eine nichtssagende, in nicht besonders
glücklicher Stunde entstandene kleine Land-
schaft, die man kaum entdeckt! Uhde
durch die »Heilige Nacht« aus der Dres-
 
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