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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Zimmermann, Ernst: Otto Greiner - Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0116
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FERDINAND KHNOPFF—BRÜSSEL.

Zeichnung » L'Offrande «.

OTTO GREINER—ROM.

Unzweifelhaft hat sich die Dresdner Kunst-
Ausstellung ein recht bedeutendes
Verdienst dadurch erworben, dass sie noch
einmal durch eine geschlossene Vorführung
seiner Werke mit allem Nachdruck auf einen
jüngeren deutschen Künstler hingewiesen hat,
der zwar bei allen wirklichen Kunst-Lieb-
habern schon immer der grössten Aner-
kennung sich erfreut, beim grösseren Pub-
likum jedoch wohl kaum schon die Beachtung
gefunden hat, die seiner ungewöhnlichen und
viel versprechenden Begabung gebührt, doch
ihm zur Weiterentwicklung äusserst dienlich
werden dürfte: auf Otto Greiner, den fein-
fühligen Zeichner und Lithographen, jetzt
auch der Maler des Odysseus - Bildes im
Leipziger Museum.

Sie hat auch Recht daran getan, diesen
Hinweis gerade in diesem Augenblick zu
unternehmen, da Greiner unzweifelhaft sich
auf eine ganz neue, höhere Stufe seiner Kunst
gestellt hat, die hoffentlich nun die Haupt-
basis seiner ferneren Tätigkeit bleiben wird.
Bisher war Greiner, der Lithograph von Haus
aus, zu sehr in diesen Anfängen seiner Kunst
stehen geblieben. Seine Kunst blieb äusser-
lich klein, auch nachdem er schon lange den
Übergang vom rein Handwerklichen, mit dem
der Unbemittelte hat beginnen müssen, zum
rein Künstlerischen gefunden hatte, mochte
man innerhalb des naturgemäß beschränkten
Formats seine Zeichnungen und Lithographien

1905. II. 3.

den zu grosser Kunst-Entfaltung geborenen
Künstler auch nur zu leicht entdeckt haben.
Erst das grosse Leipziger Bild, »Odysseus
und die Sirenen« hat den Künstler aus dieser
Beschränkung befreit; er ist zu seinem Gegen-
teil, zum Monumentalmaler, zum heroischen
Künstler geworden, lässt nun erst wirklich
ahnen, was die deutsche Kunst von diesem
Künstler wird erwarten können. Täuscht
hier nicht alles, so wird, wenn diese Be-
gabung mehr .Stand hält, also so manche
andere jüngere, durch allzu voreilig be-
geistertes Lob verdorbene Kraft der letzten
Zeit, man seine Erwartungen ziemlich hoch
hinauf spannen können.

Nicht das Gemälde selber, das Leipzig
wohl mehr zu seinem als des Künstlers
Nutzen so eifersüchtig behütet, vielmehr nur
die überlebensgrossen Studien zu den Haupt-
gestalten desselben, sind auf der Dresdner
Ausstellung zur Aufstellung gelangt. Das
erscheint zunächst als ein Schaden, ist es
auch insofern, als dem grösseren Publikum
dadurch das Verständnis für diese Studien
nicht erleichtert wird. Doch dafür stehen
diese Studien nach dem Urteil des Künstlers
selber künstlerisch höher, als die betreffenden
Teile des Bildes, für die sie gemacht sind;
ja müssen nach einer inneren Notwendigkeit
auch höher stehen als diese. Denn »jede
Studie hat, wie Greiner selber erkannt hat,
einzeln, wie sie gemacht ist, mehr Leben,

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