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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 24.1909

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Volbehr, Theodor: Paul Bürck - München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7005#0276
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Theodor Volbehr:

PAUL BURCK MÜNCHEN.

Gemälde: »Trafoigletscher«.

einer Linie unterordnen soll und doch jeder
Muskel, jeder Finger mit anatomischer Ge-
wissenhaftigkeit gezeichnet ist. Da kann es
denn kommen, daß eine Bewegung pathetisch
oder unverständlich wirkt oder daß der große
Zug einer Linie jäh unterbrochen wird. Die
Einfachheit des monumentalen Gedankens und
die Kompliziertheit des menschlichen Körpers
stehen sich z. B. in den Asen des Wand-
bildzyklus wie unversöhnliche Feinde gegen-
über. Dabei ist die Gestalt der schlafenden
Erda, die aus Urnebein aufsteigt, bereits von
einer wundervollen inneren Größe. Dieses
Ringen der zwei Seelen in der Brust des
Künstlers kann man aber nur dort beobachten,
wo es sich in seinen Werken um figürliche
Kompositionen handelt. Auf dem Gebiete
der Landschaftsdarstellung ist der Kampf
bereits beendigt.

Meisterlich in ihrer flächigen Stilisierung
und in ihrer absoluten Wahrhaftigkeit sind die
Radierungen »Gehöft im Schnee« und
»Märzabend« (in der verkleinernden Repro-
duktion kommen naturgemäß die technischen
Feinheiten nicht zur Geltung). Und in den
Darstellungen der Welt der Gletscher weiß
man in der Tat nicht, was man mehr be-
wundern soll, die Feinheit der physiologischen
Charakteristik des Hochgebirges oder die
Großheit der Anschauung. Sie haben trotz
des reichen Details die Einfachheit und die
Größe der gewaltigen Natur. —

Wenn man starke Talente daran erkennt,
daß sie unaufhaltsam an sich arbeiten, daß
sie sich nicht an dem einmal erworbenen
Lorbeer genügen lassen, dann ist Paul
Bürck ein starkes Talent. Einem starken
Talente gegenüber aber gilt vor allem das

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