Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 33.1913-1914

DOI Artikel:
Michel, Wilhelm: Frank Eugène Smith
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7011#0077
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
frank eugene smith leipzig.

doppelbildnis: »studie«

FRANK EUGENE SMITH-LEIPZIG

Uber das Wesentliche seiner Lichtkunst ist
hier schon bei früheren Veröffentlichungen
das Nötige gesagt worden. Die Leser haben
Gelegenheit gehabt, Smith mit anderen photo-
graphischen Künstlern zu vergleichen. Sie
werden deshalb, auch ohne Nennung seines
Namens, seine Maske sofort erkennen: Nur
von Smith kann diese zerstreute, unendlich reiz-
volle Lichtbehandlung des bildhaft erfaßten und
so meisterlich durchkomponierten Doppelbild-
nisses „Studie" stammen, diese sinnlich emp-
fundene Weichheit der Formen, dieser von
liebenswürdigem Sentiment geführte musika-
lische Liniengang, der die Konturen der beiden
Gestalten elliptisch zusammenstreben läßt.
Musik ist hier alles, zartes Tönen alter Saiten-
instrumente, süße verwirrende Sinnlichkeit,
gelöster Wohllaut, dichterische Erhöhung und
Umdeutung aller Wirklichkeit. Ja, ich glaube,
man charakterisiert Smith am besten, wenn
man ihn als den sinnlichsten, den südlichsten
der deutschen Lichtkünstler bezeichnet. Alles

spricht hier von einer kräftigen, vollsaftigen und
„reizsamen" Natur, so wie er sich diesmal in
seinem Selbstbildnis gefaßt hat: zuckende,
sprühende Laune, genießerisch ausgebildete
Gesichtsiormen, beweglicher Geist und über-
legenes Temperament. In den so gekennzeich-
neten Hauptton der Persönlichkeit fügen sich
die verschiedensten Modulationen der Emp-
findung gefällig ein: die holde, schwermütige
Beschaulichkeit des Titelbildes, die friedvolle
joviale Intimität des Herrenbildnisses mit der
Satyrszene im Hintergrund, die keusche gelas-
sene Ruhe des ganz „klassisch" gesehenen Mäd-
chenaktes. Das entzückende ornamentale Spiel
des Schleiers bei dem Mädchenakt versteht und
erlebt man wie eine liebenswürdige Geigen-
figur im Orchestersatze. Man weiß, was der
Tagesstrahl sagen will, der die Schulter des
Mädchens mit der Muschel betont, man be-
lauscht und liebt all die hundert liebenswür-
digen Spiele, die das Licht mit der Nacht und
der in Formen gebannten Materie treibt, w. m.

1913/u. I 6.

63
 
Annotationen