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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 33.1913-1914

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Renatus, Kuno: Unser Verhältnis zum Stil
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https://doi.org/10.11588/diglit.7011#0078

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FRANK
EUGENE
SMITH.

BILDNIS :
»PROFESSOR
F. V. MILLER«

UNSER VERHÄLTNIS ZUM STIL.

Die Rede vom »Stil« hat an der Erneuerung
des Kunstgewerbes einen bedeutsamen
Anteil. Als Kampf um einen neuen Stil wurde
die Bewegung begonnen. Seit dem Anfang der
achtziger Jahre, da die Bewegung einsetzte, ist
nun schon ein Menschenalter vergangen — hat
sie uns den »neuen Stil« gebracht? Es gibt
Optimisten, die freudig bejahen: Der neue Stil
ist da. Auf der anderen Seite stehen Skep-
tiker, die da sagen, daß wir gerade jetzt eigent-
lich wieder bei 1865 angelangt seien, d. h. bei
der letzten Station, die dem Einbruch des
direktionslosen Historismus vorausging. Und
auch die Wohlwollenden, die gern anerkennen,

wie tüchtige Arbeit geleistet worden ist, wollen
doch das Gefühl nicht los werden, daß uns im
Grunde jene Einheit des Ausdrucks und jene
wundervolle Unabsichtlichkeit ermangeln, die
wir an den alten Stücken bewundern und die
allererst berechtigen, von Stil zu reden.

So könnte es wirklich scheinen, als habe sich
das Rad nur einmal um seine Achse gedreht
und als seien wir im Grunde wieder auf dem
alten Flecke angekommen, zu den alten Vor-
bildern emporzuschauen. Nur daß unsere Be-
handlung zügiger und flächiger und unsere Far-
bengebung kühner geworden ist: das scheint
fast der ganze Gewinn zu sein. Ungefähr so,

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