Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten (33.1913-1914)

Was bietet Berlin dem werdenden Künstler?

A. RENOIR-
PARIS.

GEMÄLDE
»DAS BAD«

WAS BIETET BERLIN DEM WERDENDEN KÜNSTLER?

Vielleicht tut man gut daran, sich einmal die
Frage zu stellen, was diese vielgeliebte und
vielgehaßte Stadt einem jungen Künstler zu
geben vermag, vor allem, wenn er aus Süd-
oder Westdeutschland kommt. Es lebt sich gut
dort unten, viel zu gut für einen, der aus den
Eierschalen heraus soll. Die Wirtin sagt: er ist
ein Maler, und die kleinen Mädchen sagen es
auch. Sie können nicht anders, es überläuft
sie dabei. Die Akademie hat ihren Ruf, und
was ihr angehört, unter den Bürgern seine Aus-
nahmestellung. Der Herr Professor hat ein Bild

gelobt und dann hat es in der Schülerausstel-
lung „eingeschlagen". Den Jünglingen um ihn
herum imponieren die Allüren, so gilt der Autor
als ein „Talent". Es fehlt das Material, sich
an den Leistungen anderer, die man im Lande
„Talente" nennt, zu messen, und wo es zu
haben ist, werden die Qualitäten nicht erkannt.
Denn die wirklichen Begabungen sind dem Ur-
teil der Akademie um Jahre voraus, und man
müßte schon das Tempo des allerjüngsten Lebens
in den Nerven haben, um aus sich selber zu
wissen, worauf es gerade heute ankommt.

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