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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 33.1913-1914

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Planer, Franz: Korbflechtereien aus Österreich
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https://doi.org/10.11588/diglit.7011#0195

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K. K. LEHR- U. VERSUCHSANSTALT -WIEN.

TISCH U. S1TZMÜBEL AUS KERNROHR.

KORBFLECHTEREIEN AUS ÖSTERREICH.

Die Korbflechterei darf ohne Zweifel als die älteste
Form des Handwerks gelten. Von einem
eigentlichen Korbmachergewerbe konnte aber bis
in die jüngste Zeit kaum die Rede sein, troßdem sich
in einzelnen Städten Korbflechter niederließen und
Werkstättenbetriebe eröffneten und in Wien z. B.
schon im 16. Jahrhundert eine Korbflechtergilde
existierte, der allerdings weniger Einheimische als
zugewanderte Kroaten und Ungarn angehörten.

Bis in die achtziger Jahre des vergangenen
Jahrhunderts änderte sich nur wenig in diesen
Verhältnissen. Der erste Anstoß zum Aufschwung
der Korbflechterei in Österreich ging vom Staate
aus und nur der staatlichen Förderung ist es zu
danken, daß die österreichische Korbflechterei heute
im allgemeinen ein blühendes und künstlerisch
hochstehendes Handwerk geworden ist. Die ganze
Bewegung hatte im Anfang den Charakter einer
Notstandsaktion. Auf Betreiben des Geheimrats
Exner wurden im Techneologischen Gewerbe-
museum in Wien Kurse veranstaltet, in denen Lehr-
kräfte herangebildet wurden, die dann in ihrer
Heimat unter ihren Volks- und Wohnungsgenossen
moderne Techniken bekannt machten und den An-
schluß an weite Konsumentenkreise vermittelten,
so daf3 z. B. schon 1880/81 in Rudnik in Galizien
unter der tatkräftigen Mitwirkung des Grafen
Hompesch die bekannte „Prag-Rudniker Korb-
fabrikation" entstehen konnte. Im Jahre 1884 wurde
dann in Wien eine Musterwerkstätte für Korbflech-
terei gegründet, die im Jahre 1900 zur K. K.

Lehr- und Versuchsanstalt für Korbflechterei und
verwandte Flechttechniken ausgestaltet wurde. Unter
dem damals gewonnenen Direktor Funke, der
noch heute mit einer wirklichen Leidenschaft und
mit einer bewundernswerten Liebe zu seinem Be-
rufe der Anstalt vorsteht, begann die Neubelebung
namentlich in didaktischem Sinne, die im Verlaufe
des leßten Jahrzehnts so schöne Erfolge gezeitigt
hat. Die Anstalt, die die Oberleitung über sämt-
liche staatlichen Lehrwerkstätten für Korbflechterei
hat und auch die nicht staatlichen Unterrichts-Ver-
anstaltungen dieser Art beaufsichtigt, bildet Werk-
meister heran, gibt Korbflecht-Meistern und Ge-
hilfen Gelegenheit zur höheren Ausbildung, ver-
sucht hausindustrielle und sonstige Arbeiter, die
verwandte Flechttechniken betreiben, in ihrem Fache
weiterzubilden, gibt an Unterrichts-Veranstaltungen
sowie an einzelne Interessenten neue Muster
ab und erteilt ihnen Ratschläge und auch Auskünfte
bezüglich des Absaßes; sie prüft und erprobt Roh-
und Hilfsstoffe, Werkzeuge, Geräte und sonstige
Arbeitsbehelfe für die Flechterei und Weidenzucht,
macht die Ergebnisse dieser Versuche den Inter-
essenten bekannt und liefert ihnen schließlich auch
Stecklinge bewährter Weidensorten. Für die Güte
dieses Programms, das in seinen Einzelheiten hier
natürlich nicht erörtert werden kann und das sich
im Laufe der Zeit zu einer festgefügten Organi-
sation verdichtet hat, spricht am besten der Um-
stand, daß mehr als ein Drittel der in der An-
stalt ausgebildeten Lehrkräfte an Schulen im Deut-

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