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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 33.1913-1914

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Breuer, Robert: Die Staatliche Kunstgewerbeschule - Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.7011#0417

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PROFESSOR FRITZ SCHUMACHER.

KUNSTGEWERBESCHULE- HAMBURG.

DIE STAATLICHE KUNSTGEWERBESCHULE-HAMBURG.

VON ROBERT BREUER.

Die neue Hamburger Kunstgewerbeschule
(von deren Eröffnung bereits berichtet
wurde) will als ein Symptom der Zeit gewertet
werden. Es kann kein Zufall sein, daß gerade
eine führende Handelsstadt sich die größte und
stattlichste aller deutschen Kunstgewerbeschulen
zulegte. Noch Ende des vergangenen Jahr-
hunderts wäre das kaum möglich gewesen; da-
mals galt die Kunst noch als unfruchtbarer Idea-
lismus, als schwärmerisches Geträum und über-
haupt als eine Angelegenheit der Weiber. Ernste
Männer, die in den Kontoren über Millionen
regierten, hatten nicht die geringste Ursache,
der brotlosen Pinseleien und all der anderen
Gefühlsausbrüche zu achten. Damit ist es nun
anders geworden; das weiß man zur Genüge.
Immerhin, es blieb doch eine Überraschung,
eine freudige und hoffnungsvolle, daß gerade
der organisierte Merkantilismus so opferfreudig
und weitblickend der Kunst zum Pionier wurde.
Wobei freilich nicht vergessen werden darf,
daß heute eine andere Kunst lebt als in jenen

Tagen eines verstaubten Makartismus und einer
unproduktiven Museumsmanie. Die Kunst hat
den Weg in das Leben des Tages wieder zu-
rückgefunden; so fand sie auch die nüchternen
Nutzer der Tage zur Bundesgenossenschaft be-
reit. Sie brauchen einander, die Kunst und
der Kaufmann; solche Erkenntnis, zur Wirklich-
keit geworden, ist die Bereicherung, die durch
den Schumacherschen Neubau der deutschen
Kultur in ihrer Ganzheit zugute kommt. Dieses
inNüchternheit monumentale Backsteinhaus will
es augenfällig machen, daß von nun an mit dem
bloßen Herstellen und Vertreiben von Waren,
unbekümmert um die Qualität, noch nichts ge-
tan ist; daß vielmehr erst die Güte, der Cha-
rakter und der Rhythmus die Ware zu einem
national wertvollen Gut erheben. In diesem Sinne
ist das neue Haus der Hamburger Kunstgewerbe-
schule ein weithin sichtbares Wahrzeichen auf
unserm Weg zum deutschen Stil. Es soll in
dieser Schule nicht nur ein wenig Geschmack
gelehrt werden, und es soll da keine Spur

1914. V. 7.

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