Pro/essor Albin Egger—Lienz.
andere Bewußtsein, spüren wir in den „Ruhen-
den Hirten". Wie nötig die Zweiheit zum Aus-
druck des Gewollten war, beweist der sitzende
„Sensendengler". Hier und dort das gleiche
Sitzen, aber hier Arbeit und dort Ruhe. Bei
zwei arbeitenden Figuren ist Gegenbewegung
zur Darstellung des Rhythmus nötig, auch die
Ruhe hat ihren Rhythmus, wenn man so sagen
darf, Wiederholung des Gleichen.
Kunst, sofern sie groß und dauernd sein soll,
ist Ausstrahlung einer Persönlichkeit. Darum
verlangt man vor diesen Werken nach dem
Menschen Egger-Lienz, nach dieser Persönlich-
keit, die der Repräsentant eines Volkes. Wenn
wir sein Selbstporträt betrachten, begreifen
wir, daß diese „gefräßigen" dunklen Maler-
augen nicht in der Tiefe leben können. Höhe
brauchen sie, die leichte Luft der Berge, wo
sie Ferne und Ferne überfliegen schneller als
der Königsadler, der oben seine Kreise zieht.
Auf Gängen, unbegrenzt durch Schranken,
unter hohen Gebirgstannen und über weite
Firne im Hochmoos hält er, kein Einsamer —
denn alles Naturentsprossene ist ihm verwandt
— seine Zwiesprache mit der Allmutter. Hier
erlauscht er ihr ewiges Gesetz der Gestaltung.
Tritt man ihm dann gegenüber, ein Fragender,
ein Lernender, so spendet er das Beste seines
Könnens mit einer Freundlichkeit und Milde,
wie sie nur großen Persönlichkeiten eignet. Nur
der große Mensch ist wahrhaft gütig.
Sein innerer Reichtum, seine Frische und
Aufnahmefähigkeit, seine Fühlung mit der Natur
lassen uns auf immer neue große Werke hoffen.
Ob Wandlungen in der Form, in der braunen
„Eggerfarb" eintreten werden, — wer kann
vorhersagen?
Gewachsen aus dem Mutterboden, wie seine
Kunst war, wird sie bleiben, darum frucht-
bringend für die Zukunft, dr. robert corwegh.
professor a. egger-lienz. »rechter teil aus dem obigen fresko im rathaus in wien«
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andere Bewußtsein, spüren wir in den „Ruhen-
den Hirten". Wie nötig die Zweiheit zum Aus-
druck des Gewollten war, beweist der sitzende
„Sensendengler". Hier und dort das gleiche
Sitzen, aber hier Arbeit und dort Ruhe. Bei
zwei arbeitenden Figuren ist Gegenbewegung
zur Darstellung des Rhythmus nötig, auch die
Ruhe hat ihren Rhythmus, wenn man so sagen
darf, Wiederholung des Gleichen.
Kunst, sofern sie groß und dauernd sein soll,
ist Ausstrahlung einer Persönlichkeit. Darum
verlangt man vor diesen Werken nach dem
Menschen Egger-Lienz, nach dieser Persönlich-
keit, die der Repräsentant eines Volkes. Wenn
wir sein Selbstporträt betrachten, begreifen
wir, daß diese „gefräßigen" dunklen Maler-
augen nicht in der Tiefe leben können. Höhe
brauchen sie, die leichte Luft der Berge, wo
sie Ferne und Ferne überfliegen schneller als
der Königsadler, der oben seine Kreise zieht.
Auf Gängen, unbegrenzt durch Schranken,
unter hohen Gebirgstannen und über weite
Firne im Hochmoos hält er, kein Einsamer —
denn alles Naturentsprossene ist ihm verwandt
— seine Zwiesprache mit der Allmutter. Hier
erlauscht er ihr ewiges Gesetz der Gestaltung.
Tritt man ihm dann gegenüber, ein Fragender,
ein Lernender, so spendet er das Beste seines
Könnens mit einer Freundlichkeit und Milde,
wie sie nur großen Persönlichkeiten eignet. Nur
der große Mensch ist wahrhaft gütig.
Sein innerer Reichtum, seine Frische und
Aufnahmefähigkeit, seine Fühlung mit der Natur
lassen uns auf immer neue große Werke hoffen.
Ob Wandlungen in der Form, in der braunen
„Eggerfarb" eintreten werden, — wer kann
vorhersagen?
Gewachsen aus dem Mutterboden, wie seine
Kunst war, wird sie bleiben, darum frucht-
bringend für die Zukunft, dr. robert corwegh.
professor a. egger-lienz. »rechter teil aus dem obigen fresko im rathaus in wien«
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