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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Mehler, Eugen: Eine Orpheus-Inszenierung: Geleitwort zu Prof. Georg Daubners Bühnen-Bildern
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0128
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Eine Orpheus-Inszenierung.

PROFESSOR GEORG DAUBNER STRASSBURG. BÜHNENBILD ZU »ORPHEUS« III. AKT 2. BILD. »IM TEMPEL DES EROS

ketten geschmückte Sarkophag. Ringsherum,
bis in halbe Höhe der vordersten Stufen heran-
reichend, stehen hohe, schlanke Zypressen, vom
tiefblauen Nachthimmel sich kaum abhebend.
Das ganze Bild ist in einen Rahmen von dunkel-
blauen Sammetvorhängen eingespannt, die sich
auch in den Soffitten fortsetzen und für alle
folgenden Bilder bleiben, gewissermaßen einen
neutralen Bühnenrahmen bildend.

Die lastende Schwere verhaltener Trauer,
die aus dem Bühnenbilde spricht, muß sich in
Haltung, Geste und Bewegung jeder einzelnen
Person widerspiegeln; über dem Ganzen liegt
die Stimmung unsäglichen Schmerzes über den
Tod der Eurydike. Die Schmerzausbrüche des
Chors, die in wenigen Steigerungen und Ak-
zenten der Musik ihren Ausdruck finden, treten
auch äußerlich nur in wenigen gemeinsamen
und gleichmäßigen Ausdrucksbewegungen des
Chors sichtbar in die Erscheinung, indem dieser
zu den Forte-Akzenten der Musik wie in ge-
bändigtem Schmerze die Arme flehend nach
der Dahingeschwundenen erhebt. Je weniger
Gesten, um so erhebender und packender der
Gesamteindruck. Die Treppenstufen des Grab-
mals bieten dem Spielleiter Gelegenheit, den
Chor in sinnvoller Anordnung und Einteilung
der Gruppen dem Bühnenbilde einzufügen.
Orpheus steht — abgesondert von seinen Ge-

fährten — allein auf der obersten Stufe neben
dem Sarkophag. Die Farben der Kostüme sind
auf die Dekoration einzustimmen; es sind nur
dunkle, stumpfe Farben zu verwenden: grau,
schwarz, dunkelrot, dunkelblau, dunkellila.
Orpheus in blauem Mantel, dessen Farbe sich
auch der Beleuchtung der beiden folgenden
Bilder anpaßt.

Eros mit der Fackel erscheint nicht als „deus
ex machina" der alten Oper in einer sich tei-
lenden Wolke, sondern einfach aus dem Zy-
pressenhain, etwa auf die 4. Stufe des Treppen-
baus tretend; ein mattroter Schein, vom Schnür-
boden her auf ihn fallend, genügt zur Andeutung
der Wundererscheinung.

II. Akt, 1. Bild.-Eingang zur Unter weit. -
Dunkle Felsenhöhle, in die nur ein gelber Schim-
mer von Licht wie aus der Oberwelt durch den
Eingang von oben hereindringt. In diesem Licht-
schein erscheint Orpheus und richtet seine
flehenden Klagen an die Furien und Larven,
ihm die verlorene Gattin zurückzugeben. Erst
nach ihrer Zustimmung:

„Laßt in die Unterwelt
Ruhig den Helden ziehn,
Der uns bezwang"

steigt er weiter in die Tiefe hinab und geht
festen Schrittes durch die Reihen der zurück-
weichenden Schatten..................
 
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