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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Volbehr, Theodor: Willi Geiger als Porträtist
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0159
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WILLI GEIGER-
BERLIN.
»BILDNIS
HAUPTMANN
W. HOEFFERT«

WILLI GEIGER ALS PORTRÄTIST.

VON THEODOR VOLBEHR—MAGDEBURG

Als Willi Geiger im Jahre 1903 in München
l mit seinem Zyklus „Seele" an die Öffent-
lichkeit trat, waren die Freunde und die Gegner
seiner Kunst sich bald darüber einig, daß seine
Begabung eine ausgesprochen graphische sei.
Und jedes neue Blatt seines Zeichenstiftes be-
stätigte dieses Urteil. Für das Kecke, Sprung-
hafte, ja Bizarre seiner Phantasie und seiner
Technik ließ sich schlechterdings kein anderes
Ausdrucksmittel denken als die „Griffelkunst".
Man fand es daher durchaus begreiflich, als ihm
das Jahr 1904 die Münchener Silberne Medaille
bescherte, konnte es aber absolut nicht ver-
stehen, warum man ihm, dem Graphiker, das
Schackstipendium zu einem zweijährigen Be-
suche Italiens und Spaniens gab. Was sollte
ein Griffelkünstler in den Galerien Roms und
Madrids ? Oder waren sein Lehrer, Franz Stuck,
und die Verwalter des Schackstipendiums der
Meinung, daß doch in erster Linie ein Maler
in dem 26 Jährigen steckte und daß es dem
Süden gelingen würde, die schüchternen Keime
ans Licht zu locken? — Das Ergebnis der Reise
sprach nicht für die Berechtigung eines solchen
Glaubens. Man sah eigentlich nur, daß der

Landsmann von Joseph Sattler — Landshut
war beider Heimatstadt — und der Verehrer
von Max Klinger sich auch noch den großen
Goya zum Pathen seiner graphischen Kunst ge-
holt hatte und daß er sich doch in ihr nichts
von seiner eigenwilligen Selbständigkeit rauben
ließ. Denn die Kopien nach den Gemälden von
Velasquez und Goya fielen zwar wegen ihrer
unbedingten Treue auf, aber sie ließen kein
Urteil über etwa vorhandene selbständige Maler-
Qualitäten zu. Und was er sonst malte, erschien
den Freunden als eine allzu einfache Nieder-
schrift der Tageserlebnisse, als gewissenhafte
Wiedergabe zufälliger Wirklichkeiten; und man
war ein wenig befremdet, in diesen Gemälden
nichts von jener kühnen Phantasie zu sehen,
die man von Geigers Arbeiten glaubte erwarten
zu dürfen. — Wer aber vermag zu sagen, wie
sich die Samenkörner solcher Lern- und Reise-
jahre in die Seele eines Künstlers senken und
und welche neuen Erlebnisse nötig sind, sie
zum Leben zu wecken? Es wäre nicht zum
erstenmale, daß Künstlergedanken ein Jahr-
zehnt zum Ausreifen brauchten. — Wie dem
aber auch sei: daß ein echter und rechter Maler
 
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