Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

DOI Artikel:
Volbehr, Theodor: Willi Geiger als Porträtist
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0160

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Willi Geiger als Porträtist.

WILLI GEIGER BERLIN.

GEMÄLDE »LEONORE V. LICHNOWSKY«

in Willi Geiger steckte, das haben uns die
Kriegsjahre gezeigt. Man fühlte das schon in
seinen Lithographien „Unsere Helden 1914".
Und es ging dem Beschauer der Gedanke flüchtig
durch den Sinn, ob der Künstler nicht neben
Velasquez und Goya auch Greco in jenen
spanischen Tagen habe auf sich wirken lassen;
und ob nicht die neue Anregung der Expressio-
nisten der Anlaß gewesen, jene alten Eindrücke
lebendig zu machen. Aber man empfand zu-
gleich, daß sich hier in geradezu typischer Weise
das Wesen des deutschen Künstlers zeigte:
seine Sinne jeglichem Reichtum fremder Kunst
weit zu öffnen, das Aufgenommene aber kraft-
voll zu Eigenem zu verarbeiten. — Und das
gleiche Empfinden hat man gegenüber Willi
Geigers Kunst des Porträts. Da ist der Künstler
so völlig Maler, daß man im ersten Augenblick
glauben möchte, daß von dieser neuen Kunst
gar keine Brücke zu der Kunst seiner Mappen-
werke, seiner Exlibris zurückführt. Wenn man
aber schärfer zusieht, dann findet man bald
den organischen Zusammenhang und sieht dann
auch die Einheit der ganzen künstlerischen Per-

sönlichkeit. — Was machte die Eigenart seiner
Griffelkunst aus? Ein dreifaches: eine große
Feinfühligkeit für die Ausdruckskraft der Linien
an sich, eine ungewöhnliche Treffsicherheit bei
der Disposition des Raums und eine starke
Freude am psychologischen Erfassen von
Situationen und Menschen. All das zeigen
auch seine Porträts. In den starren, eckig flat-
ternden Linien und in den flackernden Lichtern
seiner Radierungen lebt schon etwas von den
harten Brechungen der Hintergründe seiner
Porträts; in dem geschickten Einordnen des
Bildinhalts seinerSchwarzweiß-Blätterfühltman
die Meisterschaft voraus, mit der er seine
Menschen in den Bildrahmen hineinstellt. Wenn
man aber in den Exlibris von Detlev vonLilien-
kron, von Richard Dehmel, von MaxDauthendey
mit stillem Erstaunen gesehen hat, wie sich der
Künstler in das besondere Wesen jedes dieser
drei Dichter einzufühlen verstanden hat und
wie er das Entdeckte dem Betrachter der Buch-
zeichen greifbar deutlich machen konnte, und
wenn man beobachtet hat, wie er jedem Objekte
seiner Exlibris gegenüber die gleiche psycho-
 
Annotationen