Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 41.1917-1918
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Duve, Helmuth: Auguste Rodin
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Schmutztitel
Titelblatt
Inhaltsverzeichnis
k
Vom einheitlichen Ziel der Kunst. Von Dr.
…
Uber Kunst. Von Professor Lovis Corinth 31
…
Das Leben ohne Kunst. Von A. Jaumann
Lovis Corinth, Berlin
Vom einheitlichen Ziel der Kunst
24
Vom einheitlichen Ziel der Kunst.
…
Für Taine wäre etwa Berlin ein bestimmtes
…
gefühl aller Kunst und aller Künstler. Es sind
…
von der Nicht-Kunst zur Kunst zu kommen.
…
Das Milieu bestimmt das Werden der Kunst?
29
Vom einheitlichen Ziel der Kunst.
…
wir erkannt haben, daß alles, was Kunst be-
…
Werke der Kunst. Beides ist aber letzten En-
…
dachte er die Kunst wesentlich als etwas Pas-
…
sie ihm zu Kronzeugen. Kunst war ihm etwas,
…
Kunst nach den Jahrhunderten verschieden sei,
…
Einheit Mensch, die durch die eine gleiche Kunst
Ein Brief des Künstlers an den Herausgeber
"Ältestes bewahrt mit Treue, freundlich aufgepasst das Neue"
32
auch der „Kampf um die Kunst" brutalere
…
deutsche Kunst" geschrieben.
…
neuesten Kunst sein, die ihm unerfreulich sind,
…
an den Kopf zu werfen, sie stellten der Kunst
Einiges Theoretische zur Raumgestaltung
39
eine Kunst ist, die nicht jeder gleichartig be-
…
Begriff ist eigentlich für uns nicht faßbar. Man
…
Organe fassen. Es gibt für den Raum kein
Das Grabmal
E. Fahrenkamps Grabdenkmäler und Krieger-Gedenksteine
Ausstellung der Münchener Secession 1917
Herbstausstellung der Dresdener Künstlervereinigung
Meisterschaft
Ausstellung der "Neuen Secession" München 1917
Der Künstler und diese Zeit
Harmonie und Stil
120
Das Harmonische in der Kunst beruht auf
…
Die Tradition in der Kunst beruht vor allem
…
monische, und dabei für unsere Art typische
…
dung einer für uns vergangenen Welt wird ihm
124
der Einsicht verschließt, daß für uns die Kunst
…
Für die italienische Renaissance bildete
…
Da für unsere Zeit kaum das Streben nach
…
noch für die Kunst die Aufgabe, „die Erde zum
131
treffen auch für die bildenden Künste zu und
…
unpersönliche Kunst inmitten einer chaotischen
…
Kunst als solche eine dekorative Lüge. Unsere
…
Ziel der Kunst vergessen lehrt, da bedeutet
134
der Kunst liegt in der Überwindung der kultur-
…
Kunst im genialen Einzelnen. Unter Genie aber
…
Kunst wesentlich andere geworden sind und
Kunstgeschichtliche Bildung und künstlerische Erziehung
142
Museum eine Organisation geschaffen, die dem
…
eingefügt erschien. Das Museum
…
Museum der Belehrung oder der An-
…
sen. Das Museum kann ein lebendes
…
Kunst dienen soll. Das Museum soll
Von Glasperlen und Perlenarbeiten
Das Denkmal im Grünen
Dekorative Keramik
Künstlerischer Christbaumschmuck
Vom Flächen-Ornament
Rückblicke und Ausblicke in der Mmalerei: zu den Bildern aus dem Germanischen National-Museum in Nürnberg
173
ZU DEN BILDERN AUS DEM GERMANISCHEN NATIONAL-MUSEUM IN NÜRNBERG.
…
mangel der Kunst unserer Tage, bewährte alte
…
sagt, daß die Kunst allein es ist, die die Blüte
…
Wer für den Augenblick schafft, wer um die
…
Kunst unserer Zeit. Allzu sehr neigt man heute
174
gesprochen neuzeitliche ist, Werke der Kunst
…
fungen moderner Kunst aufgebraucht sei und
…
gültigen Werke der Meister alter Kunst zu er-
…
desten für seineZeit überrascht. Der Heraus-
…
anerkannte Kunst, ist der Spiegel, in dem sich
…
Kunst, Stätten der Belehrung und Anregung
…
weisen. Deutsche Kunst ist es, die vorzugs-
180
Kunst, die nur im Ausland Größe und Vollkom-
…
der Kunst frei machen. Deutsche Gründlichkeit
…
eigenen Bedarf, sondern auch den für andere
…
Kunst, die nicht deutsch, die dem Deutschen
…
melodischen Ausgleich der Kontraste, die für
…
Werke der modernen Kunst der Frucht, die
…
Kunst der Alten. Er sieht, wie Haack treffend
Karl Thylman, Darmstadt
Eine Erbbegräbnis-Anlage von Architekt Max Landsberg
Suggestive Form
Das Leben ohne Kunst
Krieger-Friedhöfe: einer Division an der rumänischen Sereth-Front
Mode-Zeichnungen von Gisela Schwemmle
Ein schusssicheres Soldatenheim: 1000 M. hinter der Front
232
für Sächsische Truppenteile aus der Heimat nach
…
geschäftiges Treiben zur Vorbereitung für die
…
Unterkunft gewährten. Holz für den Bau gab
…
der für seine Untergebenen besorgte Führer
Dorothea Charol
Urkunden-Schrein
Ausstellung der Berliner Sezession
Kunstgewerbliche Graphik, [1]
253
Für alte „Stiche" besteht heute eine sehr
…
können durch die Mittel der Kunst. Das Be-
…
seltenen Ausnahmen abgesehen — auch für den
Epistel aus dem Felde
Maler Arthur Illies, Hamburg
Zu den Gemälden von Rudolf Glotz, Wien
Zu den Bildern von R. Otto, Dresden-Loschwitz
Neuere Werke von Heinrich Jobst
Der Verfall
Der Sieg der Qualität
Sehen lernen
313
gegen Natur und Kunst, zu schärfen. Licht-
…
mal der Wille, die Kunst, die von einem
…
zu den Werken der Kunst, der alten und der
…
wurde Kunst ja längst nicht mehr angesehen
Eigenart und Eigenheit
Das Zweite Gesicht
Wilhelm Trübner
Der Segen der Knappheit
326
Für ihre Arbeit ist sogar das wenige Verfügbare
…
Webereien werden vorerst für viel nüchternere
…
lele zu ziehen zwischen der Kunst der Stickerin
Auguste Rodin
Der Bildnismaler Viktor Hammer
Edmund Steppes, München
Adolf Büger; München, [1]
Scherenschnitte Walter Kampmanns
Neue deutsche Tapeten
Kunstgewerbliche Graphik, [2]
Fest- und Eintrittskarten von Cipriani und Bartolozzi
Kunstgewerbliche Graphik, [3]
Neue Münchener Medaillen
Ex-Libris von Adolf M. Schwindt
Gustav Klimt
AUGUSTE RODIN f
Triumphierend über Welt und Zeit, hob der
Tod wieder den Stab und — ließ ihn lang-
sam sinken. Schweigend folgte ein Titane ihm
ins Schattenreich, ein Schöpfer ohne Seele . . .
denn die hatte er restlos dem Werke einge-
haucht, das er als unvergängliches Denkmal
seines Wesens der Menschheit hinterließ. Die
Unendlichkeit hielt den Atem an und lauschte
.... nur einen Augenblick .... dem letzten
Hauche dieses Titanen. Dann barg sie, mütter-
lich behutsam, seine sterblichen Überreste in
ihren Schoß.....
Auguste Rodin, der rastlos schaffende Greis,
starb. Wir Deutschen wollen vergessen, daß
der Mensch Rodin, in Gemeinschaft mit anderen
ausländischen Künstlern, gegen unser Volk den
Vorwurf der Barbarei erhob, wir hätten in bös-
williger Absicht die Kathedrale von Reims be-
schossen. Diese gehässige Anklage zu vergessen
aber wird uns um so leichter werden, als sie
von der Wahrheit längst entkräftet wurde und
auf das Volk, dem die Kläger angehören,
zurückgefallen ist.
Damit hat der Künstler Rodin nichts zu tun;
ihm gilt nicht nur unsere Liebe, auch unsere
Ehrfurcht. Erschließt doch sein Schaffensgeist
noch einmal wieder die tiefen Quellen des
Schauens, Erfassens und Gestaltens, durch die
Frankreichs bildende Kunst dereinst bahnbre-
chend den Künstlern Europas einen neuen Weg
wies. Das Visionäre des Impressionismus, aus
dem seine Anschauung erwächst, ist erfüllt von
musikalischer Energie, die sich in ureigenen
Schöpfungen plastisch statuiert. Unter der Hand
des Meisters beseelen sich die Steine; Kräfte
erwachsen und durchdringen die Form, gestal-
ten ein lebendiges Spiel der Muskeln in Melo-
dien, vom zartesten Hauch zum Orkan gestei-
gert . . . potenziert bis ins Wesenlose. Rodins
Kunst (in ihrer Intensität der Beethovens am
besten vergleichbar) wurzelt wie alle höchste
Kunst im Unendlichen. Eine Fülle von Melo-
dien erwuchsen seiner Seele. In sich selbst
hineinlauschend wie die Natur, stand Rodin
urplötzlich vereinsamt dieser gegenüber, in der
Stunde, als er zu sich selbst kam. Nun erst
folgte der äußeren die mächtigste, innere Nö-
tigung zum Schaffen. Nichts anderes als der
unwiderstehliche Trieb der Natur selbst . . . .
über sich hinaus .... sich neu zu erschaffen,
war es, was bei Rodin nach außen drängte und
Gestalt gewinnen mußte. In unermüdlicher
selbstsicherer Arbeit verschmolzen Wollen und
Können des Künstlers völlig. Weg und Ziel
wurden gleich. Und das Auge vermittelte
ständig neue Beziehungen zwischen den Flächen,
die den Körper umkleiden, den Lichtern, die
sich dort begegnen, hier sehnsüchtig ineinander
rinnend, dort feindlich sich abstoßend oder
gleichgültig aneinander vorbeigleitend, und den
Schatten, die von dämonischen Geheimnissen
flüstern. Konturen (im streng akademischen
Sinne) haben Rodins Gestalten nicht; sie sind
aufgelöst im Sphärischen, wodurch eine kos-
mische Verwandtschaft zwischen dem Kunst-
werk und seiner Umgebung, der Natur, sich
ausspricht. Unaufhörliche Arbeit an sich sowie
an den technischen Problemen hatte die Frei-
zeit seiner jungen Jahre ausgefüllt — soweit
die Beschäftigung an der Manufaktur von Sevres
ihm jene gewährte —; die Nächte halfen aus.
Dabei beherrschte den Künstler eine glückliche,
im Selbstgefühl wurzelnde Ruhe, eine natur-
verwandte Gütigkeit, die sich dem Kleinsten
wie dem Größten gleich liebevoll zuwandte.
So war es möglich, daß er in den modellierten
Händen etwas Vollendetes, weit über den Rah-
men einer „Studie" Hinausgehendes, eben etwas
in sich Abgeschlossenes geben konnte; wie
auch die Torsos („Grand Torse", „Studie zu
Victor Hugo", „Torse de femme", „L'homme
qui marche") in ihrer grandiosen Vollendung
alles Fragmentarische abstreifen. Während der
Hauptentwicklungsperiode, die vom „homme
au nez casse" vielleicht bis zum „homme des
Premiers temps" reicht, sind Dantes Divina
comedia und Baudelaires Verse von großem
Einfluß auf ihn gewesen, allerdings wohl nur
insoweit, als sie die in ihm schlummernden
Mächte und Gestalten beschworen wieder zu
erwachen. Dantes Geist wird lebendig in den
„Bourgeois de Calais", die sich erbieten zu
sterben, um ihre Vaterstadt zu retten. Diese
geschichtliche Episode wird von Rodin ins Zeit-
lose, Allgemeingültige erhoben; schmerzlich
stumme Entschlossenheit dominiert unter den
vielen seelischen Regungen, die in den fünf
Gestalten Ausdruck gewinnen. In Gesichtern
und Gebärden spiegeln sich fünf verschiedene
Schicksale, auf denen eine unsichtbare Hand
furchtbar lastet. Was vermögen Worte von dem
zu deuten, was hier Ereignis wurde ? Machtlos
sind sie; denn sie geben nur die Schale statt
des Kerns. An den Porträtbüsten von Jean
Paul Laurens, Bernard Shaw, Dalou und der
Madame Rodin wird uns klar, wie alle Profil-
Triumphierend über Welt und Zeit, hob der
Tod wieder den Stab und — ließ ihn lang-
sam sinken. Schweigend folgte ein Titane ihm
ins Schattenreich, ein Schöpfer ohne Seele . . .
denn die hatte er restlos dem Werke einge-
haucht, das er als unvergängliches Denkmal
seines Wesens der Menschheit hinterließ. Die
Unendlichkeit hielt den Atem an und lauschte
.... nur einen Augenblick .... dem letzten
Hauche dieses Titanen. Dann barg sie, mütter-
lich behutsam, seine sterblichen Überreste in
ihren Schoß.....
Auguste Rodin, der rastlos schaffende Greis,
starb. Wir Deutschen wollen vergessen, daß
der Mensch Rodin, in Gemeinschaft mit anderen
ausländischen Künstlern, gegen unser Volk den
Vorwurf der Barbarei erhob, wir hätten in bös-
williger Absicht die Kathedrale von Reims be-
schossen. Diese gehässige Anklage zu vergessen
aber wird uns um so leichter werden, als sie
von der Wahrheit längst entkräftet wurde und
auf das Volk, dem die Kläger angehören,
zurückgefallen ist.
Damit hat der Künstler Rodin nichts zu tun;
ihm gilt nicht nur unsere Liebe, auch unsere
Ehrfurcht. Erschließt doch sein Schaffensgeist
noch einmal wieder die tiefen Quellen des
Schauens, Erfassens und Gestaltens, durch die
Frankreichs bildende Kunst dereinst bahnbre-
chend den Künstlern Europas einen neuen Weg
wies. Das Visionäre des Impressionismus, aus
dem seine Anschauung erwächst, ist erfüllt von
musikalischer Energie, die sich in ureigenen
Schöpfungen plastisch statuiert. Unter der Hand
des Meisters beseelen sich die Steine; Kräfte
erwachsen und durchdringen die Form, gestal-
ten ein lebendiges Spiel der Muskeln in Melo-
dien, vom zartesten Hauch zum Orkan gestei-
gert . . . potenziert bis ins Wesenlose. Rodins
Kunst (in ihrer Intensität der Beethovens am
besten vergleichbar) wurzelt wie alle höchste
Kunst im Unendlichen. Eine Fülle von Melo-
dien erwuchsen seiner Seele. In sich selbst
hineinlauschend wie die Natur, stand Rodin
urplötzlich vereinsamt dieser gegenüber, in der
Stunde, als er zu sich selbst kam. Nun erst
folgte der äußeren die mächtigste, innere Nö-
tigung zum Schaffen. Nichts anderes als der
unwiderstehliche Trieb der Natur selbst . . . .
über sich hinaus .... sich neu zu erschaffen,
war es, was bei Rodin nach außen drängte und
Gestalt gewinnen mußte. In unermüdlicher
selbstsicherer Arbeit verschmolzen Wollen und
Können des Künstlers völlig. Weg und Ziel
wurden gleich. Und das Auge vermittelte
ständig neue Beziehungen zwischen den Flächen,
die den Körper umkleiden, den Lichtern, die
sich dort begegnen, hier sehnsüchtig ineinander
rinnend, dort feindlich sich abstoßend oder
gleichgültig aneinander vorbeigleitend, und den
Schatten, die von dämonischen Geheimnissen
flüstern. Konturen (im streng akademischen
Sinne) haben Rodins Gestalten nicht; sie sind
aufgelöst im Sphärischen, wodurch eine kos-
mische Verwandtschaft zwischen dem Kunst-
werk und seiner Umgebung, der Natur, sich
ausspricht. Unaufhörliche Arbeit an sich sowie
an den technischen Problemen hatte die Frei-
zeit seiner jungen Jahre ausgefüllt — soweit
die Beschäftigung an der Manufaktur von Sevres
ihm jene gewährte —; die Nächte halfen aus.
Dabei beherrschte den Künstler eine glückliche,
im Selbstgefühl wurzelnde Ruhe, eine natur-
verwandte Gütigkeit, die sich dem Kleinsten
wie dem Größten gleich liebevoll zuwandte.
So war es möglich, daß er in den modellierten
Händen etwas Vollendetes, weit über den Rah-
men einer „Studie" Hinausgehendes, eben etwas
in sich Abgeschlossenes geben konnte; wie
auch die Torsos („Grand Torse", „Studie zu
Victor Hugo", „Torse de femme", „L'homme
qui marche") in ihrer grandiosen Vollendung
alles Fragmentarische abstreifen. Während der
Hauptentwicklungsperiode, die vom „homme
au nez casse" vielleicht bis zum „homme des
Premiers temps" reicht, sind Dantes Divina
comedia und Baudelaires Verse von großem
Einfluß auf ihn gewesen, allerdings wohl nur
insoweit, als sie die in ihm schlummernden
Mächte und Gestalten beschworen wieder zu
erwachen. Dantes Geist wird lebendig in den
„Bourgeois de Calais", die sich erbieten zu
sterben, um ihre Vaterstadt zu retten. Diese
geschichtliche Episode wird von Rodin ins Zeit-
lose, Allgemeingültige erhoben; schmerzlich
stumme Entschlossenheit dominiert unter den
vielen seelischen Regungen, die in den fünf
Gestalten Ausdruck gewinnen. In Gesichtern
und Gebärden spiegeln sich fünf verschiedene
Schicksale, auf denen eine unsichtbare Hand
furchtbar lastet. Was vermögen Worte von dem
zu deuten, was hier Ereignis wurde ? Machtlos
sind sie; denn sie geben nur die Schale statt
des Kerns. An den Porträtbüsten von Jean
Paul Laurens, Bernard Shaw, Dalou und der
Madame Rodin wird uns klar, wie alle Profil-