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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 51.1922-1923

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Habicht, Victor Curt: Das unideale Sein und die absolute Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.9144#0270
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Das unideale Sein und die absolute Malerei.

ten sich die Zugänge von selbst öffnen, als sei
auch hier der Verstand einzigster Gebieter.
Solchen Ansichten und dem Wollen der Künst-
ler, dem wesentlichsten Verlangen der Zeit zu
genügen, sei Eckehardts Wort gesagt:

„Hat sich der Mensch erst einmal aller
Dinge entwöhnt, und ihnen entfremdet,
darnach mag er auch bedachtsam seine
Werke wirken und unbekümmert der
Dinge gebrauchen und entsagen wie er
will." -

Der Ruf ist in unserer Zeit tausendfach er-
gangen. Er ist wenig gehört, er bedingt Kraft
und Wille. Sich aller Dinge entwöhnen, vom
Eigenwillen zum wirklichen Selbst zu gelangen,
ist eine Forderung ungeheurer Weite. Sie ver-
langt zähe und gewaltige Arbeit. Ehe sie nicht
geleistet ist, wird die Erfüllung der Kunst un-
serer Zeit ferne sein, werden echte Werke ab-
soluter Kunst seltene, mißverstandene (die
überhaupt nicht zu „verstehen" sind) bleiben.
Eckehardt zerreißt auch den schwachen Angst-
traum, als bedeute Einkehr in sich und Abkehr
von allen Dingen das blanke Nichts, Tatlosig-

keit, Wertlosigkeit, Unmöglichkeit zum Wirken
und Gestalten. Bedachtsam rät er die Werke
zu wirken. Der große Weise hat Recht. Lang-
sam und zögernd werden sich dann auch in der
Kunst die neuen und schönen Formen bilden,
die, nach denen die Menschheit in allen Werken
wahrer Kunst trotz aller materiellen Gebunden-
heit von jeher sehnsuchtsheiß gestrebt, v. c. h.

Ä

Nur in den technischen Ausdrucksmitteln
kann man von einem Fortschritt in der
Kunst reden; die Kunst als solche schreitet
nicht fort. So oft sich eine Persönlichkeit in ihr
offenbart hat, ist sie am Ziele angelangt. So
kann man von Raffael oder Rembrandt sagen,
daß sie vollendet waren, und insofern können
wir es nicht besser machen wollen. Aber wir
können etwas anderes wollen, denn die
Kunst ist unendlich wie die Welt; sie ist
die Welt. Es führen viele Wege nach Rom,
aber jeder Künstler muß seinen eigenen gehen.

Meister ist nur der Künstler, der seine ei-
genen Gedanken in eigener Sprache auszu-
drücken imstande ist. ...... max liebermann.

ANDRE DERAIN-PARIS. »STILLEBEN
 
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