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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 54.1924

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Schwabacher, Sascha: Das Kino und die Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.8536#0058
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DAS KINO UND DIE KUNST.

Wer denkt noch daran, wie das Kino zu-
erst auftauchte, wie gering seine Stellung
in der Welt war. Kaum daß das Variete die
Konkurrenz dieser Küchendramatik fürchtete,
dieser mit allen technischen Mängeln behafte-
ten, bildmäßigen Auf ziehung von Hintertreppen-
romanen. Erst als das Kino über Verachtung
und Herablassung seinen Siegeslauf nahm, be-
gann die heftige Diskussion hin und wider. Wie
konnte man diesen
nicht mehr zu negie-
renden Bastard der
Kunst, der jeden an-
zog, den der Ge-
bildete suchte und
verleugnete oder als
scherzhafte Aus-
schweifung seines
Geschmacks behan-
delte , legitim und
salonfähig machen?
Aber war das Kino
nicht Kunst? Ent-
sprang seine Wir-
kung nicht dem Ein-
druck, den die spie-
lerische Wiederho-
lung, und was wich-
tiger ist, die Erhöh-
ung des gewöhnli-
chen Lebens auf den
naiven Menschen
machen mußte? —
DasVolk hatte seine
„Kunst", die Kunst
seiner ewig kindli-
chen Seele in allen
Ländern entdeckt.

EN TW: L.GABOR. W. MELZER-WIEN. »LEDERTASCHEN«

Im Süden schrie man dem siegenden Helden
„Evviva" und verpfiff den Bösewicht wie je-
mals im Theater. Nur die Skeptiker, die un-
gläubig Verfeinerten, sassen mit schlechtem
Gewissen in einem Gefühl, das aus Seekrank-
heit und Hingerissenheit merkwürdig gemischt
war im „Kintop". Man begnügte sich wohl
oder übel, aber man suchte nach Mitteln den
Eindruck zu verdichten, dem Genuß edlere

Farben zu geben.
Man fragte damals
noch, was heute
schon eine überleb-
te Angelegenheit ist,
ob der Schauspieler
von Ruf im Kino
wirken dürfte. Man
schlug Reformpläne
vor, von denen ei-
ner immer abstruser
und unvitaler als
der andere war.
Manpropagierte den
Bildungsfilm,der die
Menschen zum Gäh-
nen brachte, den
expressionistischen
Film in abstrakter
Ornamentik. Auch
das war nicht unter-
haltend. Man er-
kannte, daß man den
zeitlichen Ablauf,
dieses wichtige Mo-
ment des Filmein-
drucks, als Kunst-
mittel ausnützen
müsse. Doch wollte
 
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