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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 61.1927-1928

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O. L.: Von den Dingen des täglichen Gebrauchs
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https://doi.org/10.11588/diglit.9249#0228
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Von den Dingen des täglichen Gebraitchs

rate und kniffliche Vorrichtungen verlangen
Pflege, sachkundige, ruhige Behandlung. Aber
da muß oft, z.B. bei Erkrankungen oder Un-
glücksfällen oder sonstigen Überraschungen,
mit Eile verfahren werden, oder die Hausfrau
muß wegen Überlastung oberflächlich und „der
Nähe nach" arbeiten, oder es greift sachun-
kundiges Personal ein, oder Kinder, diese zwar
herzigen aber für alle zerstörbaren Dinge so
ungemein gefährlichen Wesen, betätigen ihren
Forschergeist in unerwünschter Richtung. Dies
alles sind Umstände des alltäglichen Lebens,
und auf sie muß jedes technische und speziali-
sierende Weiterentwickeln der Wohnapparatur
ausgiebige Rücksicht nehmen. Wer sie kennt,
wird z. B. diese allermodernsten, nach Art von
Laboratorien eingerichteten Küchen nicht ohne
Sorge betrachten. Der löbliche Wunsch, Arbeit
zu sparen, führthier zum Weg e-Ersparen, macht
sie eng und klein. Der Wunsch nach Sauber-
keit führt zur Verwendung von Glas und Metall
usw. Aber Glas kann zerbrechen; mit Schrecken
denkt man daran, wie solch ein langes Glas-

regal repariert werden soll; und außerdem
müssen Glas u. Metall ganz besonders sorgfältig
gereinigt werden. Was aber das Wege-Ersparen
anlangt, so liegt doch klar auf der Hand, daß
überflüssiger Raum nicht bloß ein Kräftever-
braucher, sondern auch ein hochwichtiger Helfer
ist. Wann einmal Zeit und Überlegung gebricht,
bietet er Spielraum, Provisorien, Absteilflächen.
Zwecklose Lauferei in der Küche ist nicht gut,
aber Raumenge strapaziert ohne Zweifel das
Gehirn und die Nerven ebensosehr, ja noch viel
mehr wie die Raumweite die Beine; zumal wenn
die Raumenge durch Spezialisierung und Tech-
nisierung verschärft wird. Sehen wir das denn
nicht an der Maschinenarbeit im Vergleich zur
eigentlichen, vielfach modulierten Handarbeit?
Raumenge spart körperliche Bewegung, verlangt
aber dafür erhöhte geistige Konzentration, er-
höhten Einsatz an direkter Nervenkraft. Raum-
weite mutet den Beinen mehr zu, aber sie ge-
stattet geistige Entspannung, sie schont die
feineren Energien. Wollen wir denn, daß die
Hausfrau an die Küchenarbeit mit derselben
 
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