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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 64.1929

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Michel, Wilhelm: Der Schöne Mensch in der neuen Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9254#0277
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DER SCHÖNE MENSCH IN DER NEUEN KUNST

INTERNATIONALE AUSSTELLUNG DARMSTADT, MATHILDENHÖHE, STÄDTISCHES AUSSTELLUNGSGEBÄUDE

JUNI—OKTOBER 1929

Die Ausstellung sollte ursprünglich „Der
nackte Mensch" heißen; denn sie sollte
unter dem Gesichtspunkt der Aktschilderung
stehen. Dieses Programm wurde auch bei-
behalten, aber man gab gewissen Einwen-
dungen nach insofern, als man den Namen in
„Der schöne Mensch" änderte. Man konnte
dies um so leichter, als es ja bekanntlich einen
modernen Sprachgebrauch gibt, der die Begriffe
„Schönheit" und „Nacktheit" als gleichbedeu-
tend nimmt; eine höchst naive Auffassung, die
weder durch die Wirklichkeit noch durch die
Kunst, wie diese Ausstellung dartut, bestätigt
wird. Es handelt sich also, schlicht gesagt, um
eine moderne Akt-Ausstellung, mithin um eine
Wiederholung des Programms, das einer vor-
jährigen Wiener Ausstellung zugrunde lag.

Die Veranstaltung ist international, mit der
Einschränkung, daß fast alle im Katalog auf-
geführten Ausländer in Paris ihren Wohnsitz
haben und eigentlich Pariser sind; so der
„Pole" Kisling, der „Rumäne" Pascin, der „Ja-
paner" Foujita, die „Russen" Archipenko, Cha-

gall, Kogan, der „Schwede" Isaac Grünewald,
die „Spanier" De la Serna und Togores; dazu
selbstverständlich auch die meisten Franzosen.

Zugleich liegt aber in der Vorführung dieser
Pariser Arbeiten das wesentliche und unbedingt
ausschlaggebende Verdienst der Ausstellung.
Natürlich ist keine Rede davon, daß die Aus-
stellung sämtliche Persönlichkeiten der genann-
ten Gruppe mit Werken zeigen wollte. Sie hat
sich auf eine Auswahl beschränkt. Und auch
diese Auswahl gibt von Vielen, wie z. B. von
Lhote, Herbin, Foujita, Kogan, Chagall, Gro-
maire, Derain, Grünewald, nur einen unzuläng-
lichen Begriff. Aber es ist allen Dankes wert,
daß man drei Bilder von Souverbie, zwei
von Ozenfant, zwei von Georg Kars, je
einen vollwertigen De la Serna, Pascin,
Despiau sieht. Souverbie hebt sich wohl
als die interessanteste Persönlichkeit der Aus-
stellung heraus. Seine Kunst geht auf der
Grenze zwischen Malerei und farbiger Zeich-
nung; sie streift in der Methode wie in der
Stimmung gelegentlich die Bezirke Chiricos,

XXXII. August 1929. 1
 
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