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XIII. Abschnitt: Entwicklung der älteren griechischen Kunst
des östlichen Mittelmeeres und nach Griechenland gekommen ist, wenn sie nicht
schon früher während der Hyksos-Herrschaft von diesen zu einigen ihrer Fak-
toreien gebracht worden war. In der von Homer besungenen Zeit, dem 12. Jahr-
hundert, sind es namentlich einige dieser arabisch-phönikischen Städte und be-
sonders Sidon gewesen, die Zentren für die Schiffahrt und für den Export des
mykenisch-phönikischen Kunstgewerbes gebildet haben. Die jetzt noch herrschende
Ansicht, dass die mykenische Kunst in Kreta entstanden und von dort nicht nur
nach Griechenland, sondern auch nach Ägypten und Syrien und sogar nach
China und Japan gekommen sei, wird von mir als schwerer und verhängnisvoller
Irrtum nachgewiesen. In Kreta hat in der ersten Hälfte des II. Jahrtausends die
geometrische Kamares-Kunst geherrscht, aus der sich die naturalistische my-
kenische Kunstweise niemals entwickeln konnte und auch niemals entwickelt hat.
Diese stammt vielmehr aus Arabien und darf als eine Schwester der alt-ägypti-
schen und der alt-mesopotamischen Kunst bezeichnet werden, die wir aus den
ersten Dynastien Ägyptens kennen und die neben Woolley auch Deutsche bei ihren
Grabungen in Mesopotamien entdeckt und nachgewiesen haben.
Im vierten Teile (D) suche ich die Entstehung der jüngeren phönikischen Kunst
aus der alt-phönikischen oder mykenischen nachzuweisen und zu zeigen, dass
sie durch das Hinzukommen assyrischer Künstler nach der Eroberung Syriens
und Phönikiens durch den assyrischen König Tiglatpileser I. (um 1100 v. Chr.)
gebildet worden ist. Damals ist wahrscheinlich mit den phönikischen Städten
Tyros, Sidon und Arvad auch die neuerdings entdeckte Stadt von Ras Schamrah
mit ihren reichen mykenischen Schätzen zerstört worden und ganz zu Grunde
gegangen. Tyros ist dagegen später zur neuen Hauptstadt Phönikiens geworden
und hat als Zentrum für den jüngeren phönikischen Handel im ganzen Mittelmeer
gedient Die Kunst von Tyros beginnt nicht erst um 700 oder 750, sondern schon
um die Jahrtausendwende und hat noch mehr als die mykenische sich die ganze
griechische und italische Welt erobert. Es ist die Kunstart, die heute allgemein
als „korinthisch" bezeichnet wird.
In einem letzten Teile (E) wird zusammenfassend darzulegen gesucht, wie aus
der einfachen achäischen Kunst und den verschiedenen geometrischen Kunst-
weisen der vorgriechischen Stämme Griechenlands erst durch den Hinzutritt der
orientalischen alt-phönikischen Kunstweise diejenigen künstlerischen Verhältnisse
geschaffen worden sind, die von Homer in seinen beiden Epen geschildert werden
und nach den Ergebnissen der Ausgrabungen tatsächlich den Zustand des 12.
Jahrhunderts gebildet haben. Neben zahlreichen Fürstenhöfen mit mykenisch-
orientalischer Pracht gab es damals noch einfache Königshöfe, an denen
die alte, aus Mittel-Europa mitgebrachte Kunstweise im Gebrauch geblieben war.
An anderen Orten, wie in Athen und in den Heiligtümern von Olympia, Thermos
und Samos, waren dagegen die verschiedenen geometrischen Kunstarten der
älteren Zeit, höchstens mit einigen wenigen importierten mykenischen Gegen-
ständen, im Gebrauch geblieben. Das änderte sich erst durch den jüngeren phöni-
XIII. Abschnitt: Entwicklung der älteren griechischen Kunst
des östlichen Mittelmeeres und nach Griechenland gekommen ist, wenn sie nicht
schon früher während der Hyksos-Herrschaft von diesen zu einigen ihrer Fak-
toreien gebracht worden war. In der von Homer besungenen Zeit, dem 12. Jahr-
hundert, sind es namentlich einige dieser arabisch-phönikischen Städte und be-
sonders Sidon gewesen, die Zentren für die Schiffahrt und für den Export des
mykenisch-phönikischen Kunstgewerbes gebildet haben. Die jetzt noch herrschende
Ansicht, dass die mykenische Kunst in Kreta entstanden und von dort nicht nur
nach Griechenland, sondern auch nach Ägypten und Syrien und sogar nach
China und Japan gekommen sei, wird von mir als schwerer und verhängnisvoller
Irrtum nachgewiesen. In Kreta hat in der ersten Hälfte des II. Jahrtausends die
geometrische Kamares-Kunst geherrscht, aus der sich die naturalistische my-
kenische Kunstweise niemals entwickeln konnte und auch niemals entwickelt hat.
Diese stammt vielmehr aus Arabien und darf als eine Schwester der alt-ägypti-
schen und der alt-mesopotamischen Kunst bezeichnet werden, die wir aus den
ersten Dynastien Ägyptens kennen und die neben Woolley auch Deutsche bei ihren
Grabungen in Mesopotamien entdeckt und nachgewiesen haben.
Im vierten Teile (D) suche ich die Entstehung der jüngeren phönikischen Kunst
aus der alt-phönikischen oder mykenischen nachzuweisen und zu zeigen, dass
sie durch das Hinzukommen assyrischer Künstler nach der Eroberung Syriens
und Phönikiens durch den assyrischen König Tiglatpileser I. (um 1100 v. Chr.)
gebildet worden ist. Damals ist wahrscheinlich mit den phönikischen Städten
Tyros, Sidon und Arvad auch die neuerdings entdeckte Stadt von Ras Schamrah
mit ihren reichen mykenischen Schätzen zerstört worden und ganz zu Grunde
gegangen. Tyros ist dagegen später zur neuen Hauptstadt Phönikiens geworden
und hat als Zentrum für den jüngeren phönikischen Handel im ganzen Mittelmeer
gedient Die Kunst von Tyros beginnt nicht erst um 700 oder 750, sondern schon
um die Jahrtausendwende und hat noch mehr als die mykenische sich die ganze
griechische und italische Welt erobert. Es ist die Kunstart, die heute allgemein
als „korinthisch" bezeichnet wird.
In einem letzten Teile (E) wird zusammenfassend darzulegen gesucht, wie aus
der einfachen achäischen Kunst und den verschiedenen geometrischen Kunst-
weisen der vorgriechischen Stämme Griechenlands erst durch den Hinzutritt der
orientalischen alt-phönikischen Kunstweise diejenigen künstlerischen Verhältnisse
geschaffen worden sind, die von Homer in seinen beiden Epen geschildert werden
und nach den Ergebnissen der Ausgrabungen tatsächlich den Zustand des 12.
Jahrhunderts gebildet haben. Neben zahlreichen Fürstenhöfen mit mykenisch-
orientalischer Pracht gab es damals noch einfache Königshöfe, an denen
die alte, aus Mittel-Europa mitgebrachte Kunstweise im Gebrauch geblieben war.
An anderen Orten, wie in Athen und in den Heiligtümern von Olympia, Thermos
und Samos, waren dagegen die verschiedenen geometrischen Kunstarten der
älteren Zeit, höchstens mit einigen wenigen importierten mykenischen Gegen-
ständen, im Gebrauch geblieben. Das änderte sich erst durch den jüngeren phöni-