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Dörpfeld, Wilhelm; Schleif, Hans [Ill.]
Erechtheion — Berlin, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.6027#0038
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Die Türschwelle der großen Nordtür
Die Türschwelle der großen Tür der Nordhalle besteht aus einem Stein von 4.55 m Länge,
1.15 m Breite und 32.2 cm Höhe (Taf.l2a). Sowohl die Einarbeitung an der Nordseite (Taf.20a)
wodurch die Schwellenhöhe in zwei normale Stufenhöhen geteilt wird, als auch die 31 cm
breite Einfalzung für einen Türanschlag auf der Schwelle in der Südflucht der Mauer (Taf. 20b)
sind nach Ausweis der Arbeitsspuren späte Veränderungen, wahrscheinlich aus römischer Zeit.
Dieser 2,85 m lange Falz liegt 9 cm unter der eigentlichen Türschwelle, die damit auf die
Breite des Türgewändes beschränkt wird. Von den Türflügeln dieser Zeit sind vom allerletzten
Zustand nach Einbau der spätantiken marmornen Türleibung noch die rechteckigen Eisen-
platten und aus der Zeit direkt davor, noch zu der lichten griechischen Türöffnung passend,
mehrfach erneuerte und veränderte Einarbeitungen für die Türpfannen (Taf. 20b) vorhanden.
Auch ein weiteres Paar von Pfannen- und Rahmenspuren mit 1,40 m Abstand voneinander,
offenbar für eine leichte Metallgittertür, das auf der Schwelle selber liegt, gehört sicher der
Spätzeit an, da die gleichen Einarbeitungen auf der Schwelle zu den drei Schiffen der byzan-
tinischen Kirche wiederkehren. Für die griechische Zeit muß nach dem jetzigen Befund an-
genommen werden, daß der Schwellstein an der Innenseite (Süden) in gleicher Ebene mit der
Schwelle, mit Ausnahme der Südwestecke, allenthalben gleichmäßig hoch war, so wie er jetzt
noch an der Südostecke erhalten ist. Wenn also jemals auf dieser griechischen Schwelle Ein-
arbeitungen für eine Tür bestanden haben sollten, so müßten sie mit der römischen Ab-
arbeitung restlos verschwunden sein, wie auch EW. 103 angenommen wird. Weitere wichtige
Arbeitspuren aus griechischer Zeit sind an der senkrechten südlichen Langseite des Steines
erhalten und zwar rechts und links, je etwa 2Fuß = 65 cm breit, eine Anschlußfläche und über
die ganze Länge der Südseite etwa 10 cm parallel zur Unterkante eine Ritzlinie, die auch
durch die rechte Anschlußfläche ganz durchgezogen ist. Entlang dieser Ritzlinie zieht sich eine
Verwitterungsspur, die von beiden Seiten nach der Mitte zu stärker werdend dort die Ritzlinie
weggefressen hat (Taf. 20d). Auf der linken Seite ist die Schwelle bis zu dieser Ritzlinie von
oben her von der Westseite ab 22 cm tief und etwa 85 cm lang rechteckig bis zur Mauerflucht
eingeschnitten. Diese Arbeit ist flüchtig und unsauber, offenbar erst nach Verlegung des
Steines und dann sehr eilig getan worden.

Aus der Anordnung der beiden Anschlußflächen geht, wie auch EW. 167 richtig erkannt
wurde, hervor, daß die Türschwelle ursprünglich für einen südlich symmetrisch zur Mittel-
achse der Tür anschließenden Raum angefertigt wurde und erst bei der zwangsläufigen Ver-
legung der Westmauer am Westende so tief eingeschnitten wurde, damit die dort anschließende
„Sockelschicht" 19 in voller Höhe in dem Einschnitt aufliegen konnte. An der Südkante der
Unterseite der Schwelle (EW. 167 Fig. 108 und hier Taf. 12a und 20c) ist als Kantenschutz
für den Mittelteil der Schwelle eine flache Lehre eingetieft. Sie reicht an beiden Enden noch
einige Zentimeter über die Glattstreifen der oben erwähnten Anschlußflächen hinaus, liegt
also ebenfalls symmetrisch zur Mitte der Schwelle. Das westliche Ende des Glattstreifens ist
auf Taf. 20c als heller wagerechter Strich gut zu sehen, auch die dunkle, senkrechte Anathyrose
darüber mit dem nach Westen anschließenden, vertieften rauhen Spiegel. Die Leistung
H. Wagners, in diesen dunklen Mauerspalt hineinfotografiert zu haben, verdient besonders
erwähnt zu werden. Dieser Kantenschutz ist jedoch bei der Bauausführung nicht benötigt
worden, weil die Schwelle nach Süden ziemlich weit über die darunter liegende marmorne
Fundamentschicht vorsteht, die — wie an ihr und der nächstunteren Marmorschicht deutlich
zu erkennen ist — auch nie weiter nach Süden reichte. Vielleicht waren ursprünglich unter der
Tür breitere Porosfundamente geplant.

Bis hierhin herrscht mit den Beobachtungen und Deutungen im Erechtheion-Werk keine
Meinungsverschiedenheit, jedoch sind dort aus diesem Befund sowohl über den Zustand des

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