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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (1,1): Kunst und Künstler Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1877

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Rosenberg, Adolf: Die deutschen Kleinmeister
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https://doi.org/10.11588/diglit.33504#0188
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DIE DEUTSCHEN KLEINMEISTER.

"Hans, eigentlich Fuss geheissen und vonKulmbach in Franken gebürtig,
war der Lehrling des Jacob Walch gewesen«, so berichtet uns der Nürnberger
Schreibkünstler Neudöffer, der um 1550 Nachrichten über Ktinstler seiner Vater-
iladt xusammenstellte. Jacopo de Barbaris, von den Deutschen Jacob Walch
d. i. der Wälsche genannt, ein venezianischer Maler, war gegen das Ende des
1$. Jahrhunderts nach Nürnberg gekommen und hatte dort Beschäftigung ge-
funden. Neudörffer erwähnt ein Portrait des Baumeisters Beheim von seiner Hand.
In deutschen Galerien ist eine Anzahl Bilder von ihm erhalten; eines derselben
trägt die Jahreszahl 1504. Später begab lieh Jacopo nach den Niederlanden,
wurde dort Hofmaler der Regentin Margarethe von Oesterreich und starb vor
1316. In einem Manuscripte Dürer's finden wir die Notiz, dass er sich wohl auf
die Maassverhältnissc menschlichcr Körper verstand. "Jacobus, so erzählt Dürer,
von Venedig geboren, ein lieblicher Maler, der wies mir Mann und Weib, die er
aus dem Maass gemacht hatte.« Doch wollte ihn Jacob nicht in sein Geheimniss
einweihen, weshalb Dürer zum Vitruv griff und sich aus ihm informirte. Dürer
war damals, wie er hinzufügt, noch jung. Hans von Culmbach wird demnach
nur wenig jünger als Dürer gewesen sein. Er starb vor dem 3. December 1522,
denn an diesem Tage hat Jemand, wie urkundlich erhalten ist, als Vormund seines
Nachlasses einen Restbetrag für ein von ihm gemachtes Bild erhoben, und um
dieselbe Zeit machte ein Anderer Ansprüche an seine Hinterlassenschaft.
Jacopo wurde in Nürnberg sehr hoch geschätzt. Erst als Dürer im Jahre 1306
nach Venedig kam, sah er ein, dass es hier noch belsere Maler gäbe als den
Meistcr Jacob. Auch hielt man in Venedig nicht viel von ihm. Seine Zunftge-
nossen äusserten zu Dürer, wäre er gut gewesen, so würde er in Venedig ge-
blieben sein. Bei Jacopo de Barbaris scheint Hans von Culmbach seine malerischen
Vorzüge, Wärme, Tiefe und Haltung des Colorits erworben zu haben. Er über-
trifft in dieser Beziehung seinen zweiten Lehrmeister, in dessen Werkstatt er um
1310 eingetreten sein mag.
Neudörffer berichtet, er hätte die Tucherschc Tafel in der Sebalduskirche
neben der Sakristei zum Gedächtniss des Probstes Dr. Sixtus Tücher im Jahre 1313
gemalt. Dieses Werk — ein Flügelaltar —' befindet sich noch heute im Chor der
genannten Kirche. Auf dem Mittelbilde sitzt Maria mit dem Kinde auf einem
Throne im Stil der italienischen Renaisfance; zwei Engel halten eine Krone
über ihrem Haupte, während ein dritter die Laute spielend am Fusse des Thrones
sitzt, wie man cs häufig auf venetianischen Bildern, besonders auf denen des
Bellini findet; vier andere Engel begleiten den Lautenspielcr auf anderen In-
slrumenten. Zur Rechten stcht die heilige Katharina, zur Linken die heilige
Barbara. Auf dem rechten Flügel finden wir die hh. Petrus und Laurentius,
vor letzterem kniet der Probst Lorenz Tücher. Auf dem linken Flügel befinden
sich die hh. Johannes der Täufer und Hieronymus. — Das Bild zeichnet sich
durch einen hohen Grad von Anmuth und Schönheit aus, den nicht einmal Dürer
in seinen Werken erreicht hat, der Faltenwurf der Gewänder zeigt "reine, einige
Mal selbst grossartige Motive. Die Färbung ist hell und klar, bald zart wie in
dem weissen Gewände der Barbara mit bläulichen Schatten, bald satt und kräftig,
wie die rothen Mäntel des Hieronymus und Petrus.«
 
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