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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (1,1): Kunst und Künstler Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1877

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Wessely, Joseph Eduard: Hans Holbein: geb. in Augsburg 1497, gest. in London 1543
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https://doi.org/10.11588/diglit.33504#0328
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Ö2

HANS IIOLBEIN.

In das Gebiet des Buchdruckes gehören endlich auch die figürlichen Mono-
gramme der Verleger, und Holbein hat mehrere solche Buchdruckerzeichen für
die Baseler Buchdrucker verfertigt. Merkwürdiger Weise nur für Froben nicht,
dessen Zeichen von Ambrosius Holbein herrührt.
Die Reformation hatte frühzeitig in Basel Wurzel gefasst; eine ihrer Aeusse-
rungen bestand in der Herausgabe deutscher Bibeln, zu deren bildlicher Verzierung
unter Künsller gleichfalls herangezogen wurde. Während sich Froben mehr der
klassischen Literatur als Verleger zuwandte, liehen zwei andere Baseler Verleger,
A. Petri und Th. Wolff, der religiösen ihre Fürsorge. Für das neue TeEament,
das beim Ersteren gedruckt wurde, zeichnete Holbein die Titeleinfassung mit
Petrus und Paulus; für dasselbe Werk aus dem Verlage des Th. Wolff eine ähn-
liche mit der Taufe Chrisli. Das letztere Buch enthält auch die Apokalypse
mit Holzschnitten Holbein's, deren Vergleichung mit den ähnlichen Arbeiten
Dürer's höchst interehant ist und uns Holbein als einen Künsller zeigt, der, den
Bibeltext selbsländig prüfend, diesem Bibelabschnitte originelle Wendungen ab-
gewinnt und so als Illuslrator desselben Gegenslandes neben Dürer ebenbürtig
dasleht. Eine echt deutscheAuffassung—gegenüber der italienischen eines Rafael —
iE die Erschaffung der Eva auf dem Titelblatt des alten TeEaments, das 1323
bei Petri erschien.
Das Bedürfniss, das der Muttersprache wieder gewonnene ))Buch der Bücher«
vermittelE der IlluEration dem Volke zugänglicher und verEändlicher zu machen,
beEimmte Holbein, eine Folge von 91 DarEellungen aus dem alten TeEament
zu- zeichnen, welche dann Lützelburger meiEerhaft in Holz schnitt, bis aus
einige, an deren Vollendung er leider durch seinen 1326 erfolgten Tod verhindert
wurde. Dieser UmEand verzögerte die Herausgabe, da eine andere Hand zur
Vollendung verwendet werden musste, so dass die Folge erE 1338 in Lyon bei
M. und Casp. Trechsel erschien. Lyon Eand mit Deutschland und der Schweiz in
Wechselbeziehung, so erklärt Ech der UmEand, dass Holbein für einen Lyoner
Drucker arbeitete. In denselben Verlage erschien denn auch (aus denselben
Ursachen wie das alte TeEament erE 1538) derTodtentanz, der mit dem Namen
Holbein so innig verwachsen iE und durch seine vielen AuEagen, Copien und Nach-
bildungen das Werk und den MeiEer desselben in den weiteEen Kreisen be-
kannt und berühmt machte.
Die Idee, die personihzirte GeEalt des Todes in die Geschicke des Menschen
eingreifen zu laEen, war nicht neu; Holbein fand he bereits vor, aber er wich
von der alten AuffaEungsweise ab und geEaltete he in origineller Weise dramatisch.
Neben den theatralisch vorgeEellten Pashonsscenen gab es im frühen Mittelalter
auch kirchliche VorEellungen ähnlicher Form, bei denen der Tod als Person
auftrat. Dies geschah besonders bei kirchlichen Umzügen oderProzeshonen; die
KunE hatte hch der Idee alsbald bemächtigt, und solche Reigen, die aber keinen
eigentlichen Tanz darEellten, in Kirchen undKloEergängen abgebildet. Indem man
die Person des Todes vervielfachte, um he jedem einzelnen Stande insbesondere
zuzugesellen, wollte man den allgemeinen Satz illuEriren: Alles verfällt dem Tode;
kein Stand iE so mächtig, um hch gegen denselben wehren zu können, kein
Stand so niedrig und verachtet, dass er vom Tode unbeachtet gelaEen würde.
 
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