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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (1,2): Kunst und Künstler Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Berlin, 1878

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Lemcke, Carl von: Rembrandt van Rijn: geb. in Leiden am 15. Juli 1607, gest. in Amsterdam am 8. Oct. 1669
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https://doi.org/10.11588/diglit.34542#0050
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REMBRANDT VAN RIJN.

Werken das Andenken an die Bürgermeister Schaft von Ihr. den Tex ver-
ewigen wird.
Nehmen wir fogleich zu dem weitberühmten Bilde Steliung. Wir wiffen
nicht, wie die Farben fich verändert haben mögen — die ziemlich bedeutenden
Reflaurationen des Bildes kommen hier nicht in Betracht; — aber dafs ein Bild
hundert Jahre hindurch, etwa feit Mitte des vorigen Jahrhunderts, von grolsen
Kennern für ein Nachtftück gehalten und als fblches gepriefen worden ift, wäh-
rend man es jetzt für ein Tagftück erklärt, das zeigt, dafs die Farbenwirkung
dicht an die Manier ftreifen und in mancher Hinficht alfo outrirt oder doch
recht absonderlich lein mufs.
Es ift ein Tagftück. Aus der grolsen, hohen Schützenhaus-Flur, die fo
dunkel ericheint, wie das ein vom hellen Sonnenlicht Geblendeter gewahrt, der
in der dämmernden Raumtiefe noch lehr wenig erkennt, kommt der Zug, mit
Hauptmann, Leutnant, Fähnrich, Sergeanten und Trommler voran, um durch
die mehrfachen Thüren auf die Strafse zu treten. Das Licht fällt von oben
etwas von links nach rechts hinein, goldig in das transparente Dunkel, darin Sogar
vorn die Geftalten, welche es nicht direkt überleuchtet. So verlchwimmend für
den aus dem Licht hineinfchauenden Zuichauer erfcheinen, dals man unmöglich
genau den Vorgang lehen kann und für dunklere Partien erft nach längerem
Hinfchauen im Stande ift, zu erkennen, dafs überhaupt etwas da ifl und Gelichter,
Fahnen u. S w. aus dem Dunkel auftauchen. Aehnlich wie auf der Anatomie ift
auch hier nur ein kleinerer Theil in voller Beleuchtung. Rund herum Schatten.
Wie die Figuren des mächtigen Bildes (H. 3,59, L. ^,35 M.) leben und her-
vortreten, wie Banning Cock in Schwarz den Arm gleichlam aus dem Bilde
ftreckt und mit leinem Leutnant in Gelb aus demfelben herauszugehen Scheint,
wie der Bürgerwehrmann in Roth fein Gewehr ladet, wie die Schaar aus der
Hallendämmerung in das Sonnenlicht des Vorderraumes kommt, das ift So oft her-
vorgehoben und gerühmt worden, dafs wir uns der Wiederholung enthalten
können. Uns fällt aber das Wort von Delacroix dabei ein: puisque ce sont les
tons transparens et rehets plus ou rnoins prononces, qui font venir en avant.
Wir finden den kleinen Bürgerleutnant Willem van Ruytenburg van Vlaar-
dingen, Herrn van Vlaardingen in feinem gelben Anzuge durchaus nicht Augen-
erfreuend, Sondern durch die Tracht recht Augen-aufdringlich. Mynheer Frans
Banning Cock, Herr von Purmerland und Ilmendam entspricht in jedem Betracht
unteren holländischen Anforderungen beffer^ aber darum handelt es Sch hier
nicht, noch ob trunkliebende und angeheiterte Gelichter fich präfentiren, Sondern
wie Rembrandt hier die einfache Scala feiner Farben von Gelb im Licht durch
Roth und Helldunkel aller Art zum Schwarz durchfugirt hat. So dals keine andere
Farbe hervortritt und doch der gewaltigste Effect mit unbeschreiblichem Reich-
thum von Nüancen fich zeigt.
Das Höchste bewegt fich noch an den Grenzen des Ueberfturzes. Auch
Michelangelo^ und Beethoven's gewaltigste — und fchwerverftändlichfte —
Werke Und von der Outrirtheit in ihrem Charakteristischen nicht frei zu Sprechen.
Zu Solchen Werken gehört auch Rembrandfs Schützenbild. Es ift darum doch
eins der Wunderwerke der Malerei.
Vosmaer hat trefflich die Frage beantwortet, warum Rembrandt wohl nicht
Später noch öfter Solche Schützenbilder zu malen bekommen habe. Wir wollen
 
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