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REMBRANDT VAN RIJN.
Sohn der Renaiffance in der ichönen menfchlichen GeRalt. Rembrandt, der Sohn
einer Epoche, weiche Gott in der ganzen Natur fah und wiffenfchaftlich eine
phyhcalifche Richtung nahm, machte die grofsen kosmifchen Gewalten von Luft
und Licht zu feinem Ideal,, während er an die Formen der Wirklichkeit des Men-
fchen und der ihn umgebenden körperlichen Natur nicht rührte. Er bezwang
malerilch den Raum und Luft, Licht und Dunkel mit dem ZauberRabe feines
Pinfels — oft Prospero im Herrlichen und etwas Caliban für das Niedrige in einer
Perlon. Unwillkürlich denken wir bei ihm an den damals in Holland wohlbe-
kannten Jacob Böhme, dem im Anlchauen des Spiegelbildes der Sonne im blin-
kenden Zinn zuerR das Weltgeheimnifs aufging;, und der darin die Zeichen las,,
wie RembrandPs fogenannter Dr. FauRus he erblickt,, und mit dem auch der
Müllerfohn van Rijn lagen mochte: die grofse unveränderliche Natur iR das, was
man von Gott fieht.
MyRifch ergreift uns auch Rembrandt durch feine Lichtwirkungen und den
Ausdruck des Gemüths. Das iR nicht gewöhnliches Licht. Es iR befeelt, wie wir
fchon oben fagten. In den bezüglichen Bildern und Radirungen iR immer Gött-
liches, wie dies im Licht um das Kreuz oder in das Grab fich ergiefst. Gottes
grofse unveränderliche Natur in Wolken, LichtRrahlen, Schatten, Regenbogen iR
in den Landfchaften fein Lieblings-Vorwurf. Gegend und LuR vereinigen hch
immer bei ihm zu einem Bilde, das uns ergreiR, als ob wir ein Capitel der Patri-
archenzeit in der Bibel leien, fo fchlicht und einfach, fo grofs, bleibend wahr und
erhaben iR es, fo fern darin alle fubjective Eitelkeit und Schwäche. Das Ein-
fachRe wird in diefem GeiRe als wahr zum Ewigen.
Ueberhaupt liegt hier das Geheimnifs von RembrandPs Wirkung. Mit diefer
Art der Frömmigkeit iR er unwiderRehlich, mag er lchildern, was er will. Er
Reht noch in der Kraft der alten MeiRer der van EyclPfchen Zeit und des Lucas
van Leiden, Albrecht DürePs und Hans Holbein's, welche BfrommK find, weil he
jedem Object gegenüber hch felbR vergehen, und welche Dinge und Charaktere
deshalb fo treu und fonderbar ernR und objectiv wiedergeben, wie es die Neueren,
denen taufend Nebengedanken und Bezüge und Abhchten durch den Kopf gehen,
fo feiten vermögen.
Rembrandt iR oft derb, plump, unbequem, brutal und was Alles noch; aber
in diefer feiner eigentlichen künRlerifchen Centralkraft iR er fo grofs und Rät und
unerfchütterlich, wie nur ein Michelangelo. Dies fein inneres Centralfeuer glüht
Rill, grofs, nie von Qualm umdunRet. Kein MyRiker feiner Tage konnte dabei
tiefer hinabtauchen in das Rille Gefühl, wo die Seele in's Göttliche hch ver-
fchwimmen fühlt, kein eherner Puritaner war entfchiedener, kein exaltirter Repub-
likaner fühlte hch unabhängiger, als Rembrandt van Rijn in feiner KunR.
Doch wer könnte in Kürze dielen Charakter zu ergründen verluchen. Haben
wir deshalb doch fo einfach wie möglich fein Leben hererzählt, damit Jeder
möglichR unbeeinhufst hch danach vor feinen Werken an den eigenthümlichen
MeiRer hinanfühlen möge.
Als Techniker iR Rembrandt van Rijn von Niemandem übertroffen, wie er
die Körper in ihrer Luft- und Licht-Umhüllung darRellt, wie er die Luft felbR,
zeichnend und malend, erfafst und mit dem Auge in ihrer räumlichen Ausdehnung
feRhält in ihren unendlichen AbRufungen vom blendenden Sonnenlicht bis inN
Dunkel. Er hat gleichfäm den von den Luft- und Sonnenlicht-Atomen erfüllten
REMBRANDT VAN RIJN.
Sohn der Renaiffance in der ichönen menfchlichen GeRalt. Rembrandt, der Sohn
einer Epoche, weiche Gott in der ganzen Natur fah und wiffenfchaftlich eine
phyhcalifche Richtung nahm, machte die grofsen kosmifchen Gewalten von Luft
und Licht zu feinem Ideal,, während er an die Formen der Wirklichkeit des Men-
fchen und der ihn umgebenden körperlichen Natur nicht rührte. Er bezwang
malerilch den Raum und Luft, Licht und Dunkel mit dem ZauberRabe feines
Pinfels — oft Prospero im Herrlichen und etwas Caliban für das Niedrige in einer
Perlon. Unwillkürlich denken wir bei ihm an den damals in Holland wohlbe-
kannten Jacob Böhme, dem im Anlchauen des Spiegelbildes der Sonne im blin-
kenden Zinn zuerR das Weltgeheimnifs aufging;, und der darin die Zeichen las,,
wie RembrandPs fogenannter Dr. FauRus he erblickt,, und mit dem auch der
Müllerfohn van Rijn lagen mochte: die grofse unveränderliche Natur iR das, was
man von Gott fieht.
MyRifch ergreift uns auch Rembrandt durch feine Lichtwirkungen und den
Ausdruck des Gemüths. Das iR nicht gewöhnliches Licht. Es iR befeelt, wie wir
fchon oben fagten. In den bezüglichen Bildern und Radirungen iR immer Gött-
liches, wie dies im Licht um das Kreuz oder in das Grab fich ergiefst. Gottes
grofse unveränderliche Natur in Wolken, LichtRrahlen, Schatten, Regenbogen iR
in den Landfchaften fein Lieblings-Vorwurf. Gegend und LuR vereinigen hch
immer bei ihm zu einem Bilde, das uns ergreiR, als ob wir ein Capitel der Patri-
archenzeit in der Bibel leien, fo fchlicht und einfach, fo grofs, bleibend wahr und
erhaben iR es, fo fern darin alle fubjective Eitelkeit und Schwäche. Das Ein-
fachRe wird in diefem GeiRe als wahr zum Ewigen.
Ueberhaupt liegt hier das Geheimnifs von RembrandPs Wirkung. Mit diefer
Art der Frömmigkeit iR er unwiderRehlich, mag er lchildern, was er will. Er
Reht noch in der Kraft der alten MeiRer der van EyclPfchen Zeit und des Lucas
van Leiden, Albrecht DürePs und Hans Holbein's, welche BfrommK find, weil he
jedem Object gegenüber hch felbR vergehen, und welche Dinge und Charaktere
deshalb fo treu und fonderbar ernR und objectiv wiedergeben, wie es die Neueren,
denen taufend Nebengedanken und Bezüge und Abhchten durch den Kopf gehen,
fo feiten vermögen.
Rembrandt iR oft derb, plump, unbequem, brutal und was Alles noch; aber
in diefer feiner eigentlichen künRlerifchen Centralkraft iR er fo grofs und Rät und
unerfchütterlich, wie nur ein Michelangelo. Dies fein inneres Centralfeuer glüht
Rill, grofs, nie von Qualm umdunRet. Kein MyRiker feiner Tage konnte dabei
tiefer hinabtauchen in das Rille Gefühl, wo die Seele in's Göttliche hch ver-
fchwimmen fühlt, kein eherner Puritaner war entfchiedener, kein exaltirter Repub-
likaner fühlte hch unabhängiger, als Rembrandt van Rijn in feiner KunR.
Doch wer könnte in Kürze dielen Charakter zu ergründen verluchen. Haben
wir deshalb doch fo einfach wie möglich fein Leben hererzählt, damit Jeder
möglichR unbeeinhufst hch danach vor feinen Werken an den eigenthümlichen
MeiRer hinanfühlen möge.
Als Techniker iR Rembrandt van Rijn von Niemandem übertroffen, wie er
die Körper in ihrer Luft- und Licht-Umhüllung darRellt, wie er die Luft felbR,
zeichnend und malend, erfafst und mit dem Auge in ihrer räumlichen Ausdehnung
feRhält in ihren unendlichen AbRufungen vom blendenden Sonnenlicht bis inN
Dunkel. Er hat gleichfäm den von den Luft- und Sonnenlicht-Atomen erfüllten