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Dohme, Robert; Dohme, Robert [Hrsg.]; Lücke, Hermann [Hrsg.]
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (3): Kunst und Künstler Spaniens, Frankreichs und Englands bis gegen das Ende des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1880

DOI Artikel:
Wessely, Joseph Eduard: Die französischen Illustratoren des 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.36321#0324
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26 DIE FRANZÖSISCHEN ILLUSTRATOREN DES XVIII. JAHRHUNDERTS.

Derartige Exemplare mit den Originalzeichnungen der Künltler erzielen heutzutage,
wenn he im Handel Vorkommen, labelhalte Preife.
Nach dielen Vorauslchickungen wenden wir uns nunmehr den einzelnen
Meiltern zu.

Auf dem Scheidewege zwifchen dem 17. und 18. Jahrhundert, zwifchen der
Kunlt unter Ludwig XIV. und Ludwig XV., lieht Claude Gillot (1673 —1722),
der Lehrer Wattcau's. Er ilt der geiltreiche Vorläufer der Illultratoren der nächlten
Zeit; mit feiner künltlerifchen Auflaffung gehört er eigentlich bereits diefer an.
Die pompöfen Repräfentations-Bilder, wie he in feiner Jugend noch die Kunlt
beherrfchten, liegen ihm zwar noch im Blute, aber der Witz, die Lebendigkeit,
felblt die Ungebundenheit, womit er feine Bacchanalien und Satyrgruppen würzt
und he zu költlichen theatralifchen Tableaux vereint, beweilt, dals er feiner Zeit
voraneilt. Das Theater beeinhufst ihn überhaupt fehr; er componirt komifche
Scenen des italienifchen Theaters, illultrirt die Liebfchaft des Harlekin und der
Colombine und zeichnet Koltüme für das Ballet, die Oper und das Lultlpiel.
Sein Zeitgenoffe Jean Bapt. Oudry (1686—1755), Zeichner und Stecher,
hat in feiner Ausdrucksweife noch etwas Schwerfälliges, was ihn von den leichten,
beweglichen und immer eleganten Formen der fpäteren Illultratoren nicht zu
feinem Vortheile unterfcheidet. Zu feinen befferen Werken gehören die Bilder
zum HKomifchen Roman" von Scarron, die er felblt radirte. Er war eigentlich
Thiermaler, und dies befähigte ihn vorzugsweife, die Fabeln Lafontaine^ zum
Gegenltande feines Griffels zu wählen; 276 Zeichnungen führte er zu diefem
beliebten clafhfchen Werke aus, wobei er heifsig die einzelnen Thiere nach der
Natur Itudirte. Das Werk felblt gab Montenault in vier Bänden 1755 — 59 heraus.
Für die Originalzeichnungen wurden in neuerer Zeit 30,000 Franken bezahlt!
Nicolas Lancret (1690—1743) dagegen lieht lehon ganz in der neuen
Zeit. Diefer Liebling der Kunltlreunde mufs auf die Künltler feiner Epoche
einen grofsen Ernhuls ausgeübt haben. Er hat zwar kein eigentliches Buch
illultrirt, denn feine Compolitionen erfchienen als Einzelblätter, wenn he auch alle
auf ein Werk, auf Lafontaine^ Erzählungen, bahrt find. Er hatte das Glück,
einen unternehmenden Kupferltecher zu finden, den Larmefhn, der feine, für eine
Illultration freilich etwas umfangreichen Compolitionen im Stich herausgab. Be-
kanntlich hatte G. F. Schmidt, der bei Larmefhn arbeitete, die fchönlten dieler
Biätter geltochen, durfte aber nur bei wenigen Exemplaren leinen Namen dazu-
fetzen, fo dafs Larmefhn den Nutzen und den Ruf behielt. Vergleicht man
Lancret's Compolitionen zu Lafontaine mit jenen anderer Künltler, die lieh mit
demfelben SchriftlteHer befchäftigten, fo mufs fogleich die vornehme Eleganz auh
fallen, mit welcher er felblt heikle Situationen mit gröfster Decenz zu geben
verlieht. Auch im Rahmen von gewöhnlichen und ziemlich verbrauchten Folgen,
wie der Elemente, der vier Lebensalter, der vier Tageszeiten im Sommer und
Winter weifs er feine Zeit fo poetifch und graziös einzuführen, dafs man fehr
wohl den Enthuhasmus begreift, mit dem feine Publicationen begrüfst wurden.
Nehmen wir z. B. die vier Tageszeiten im Sommer. Am Morgen unterhält lieh
eine reizende junge Frau im Neglige mit dem unvermeidlichen Abbe, dem erlten
 
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