Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

DOI article:
Eggers, Friedrich: Johann Gottfried Schadow und Christian Daniel Rauch
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0140
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
34

JOHANN GOTTFRIED SCHADOW. 1788—1824.

andere Seite vollkommener Kunftübung, das realiftifche Prinzip, in feine Rechte
einfetzte. Beide aber folgten dem eingeborenen Genius und gediehen «nach dem
Gefetz, nach dem he angetreten."
Schadow's Auge und Hand erfüllte jenen Beruf des Meifters am vollkommenften
mit dem Zeichenftift. Er kam in jungen Jahren, wie wir fahen, zur «Erlernung"
der Bildhauerei nur, weil er des Zeichenhiftes durchaus Meifter war, und noch als
Greis konnte er mit Recht von hch behaupten, dafs er, ein gründlicher Kenner
der Malerei und Kupferftecherkunft, «von allen unteren älteren und jüngeren
Künftlern für den hcherften und korrektehen Zeichner gehalten" ward. Die chro-
nologifche Feftftellung feiner auf diefem Gebiete vorhandenen Arbeiten, weit zahl-
reicher als die plafhfchen, ift fchwierig, da er nur in feltenen Fällen die Zeit der
Enthehung vermerkt hat. Sie würde nach der technifchen Seite hin faft bedeu-
tungslos fein, da he keinen Entwickelungsgang aufweifen würde, fondern fofortige
Meiherfchaft bezeugt. Ob eine Entwickelung der SchadowTchen Kunft nach der
kompohtionellen Seite hin zu Tage käme, fteht dahin. Immerhin, glauben wir,
würde hch auch diefe Entwickelung in engen Grenzen bewegen, wie wir fpäter
darzulegen haben Hier foll zunächh der Umfang feines malerifchen Kunftfchaffens
mit wenigen Worten umfchrieben werden.
Ob irgend etwas von feinen hinterlahenen Zeichnungen aus der Lehrzeit bei
Frau Taffaert flammen mag? Wahrfcheinlich die auf das forgfaltigfte, reif für
den Grabftichel in Blei gezeichneten kleinen Porträt-Köpfe von Taffaert und
Selvino, welche in einem Schadow-Album im Behtze der Frau Eugenie Schadow
enthalten find. Die ältehen datirten Arbeiten (in der Schadow-Mappe Nr. 13
der kunhakademifchen Bibliothek zu Berlin) hnd 1/83 in Rom enthanden: Zeich-
nungen nach antiken Statuen und Gemälden der klafhfchen italienifchen Zeit;
erhere bedeutend in der Mehrzahl, unter letzteren die Zeichnung der Kreuz-
abnahme des Daniele da Volterra mit der Notiz, dafs he aus dem Ge-
dächtnis gezeichnet fei: eine Leibung, welche auf das fchlagendfte die Auf-
faffungsgabe Schadow's der Realität gegenüber kennzeichnet. Die Studien in
der Schadow-Mappe Nr. 14, faft ausfchliefslich nach römifchen Antiken, werden
in die gleiche Zeit fallen (von 1/83—1788); ebenfo in anderen Mappen Grup-
pen nach Gemälden Raffaefs und Tizian's: fehr fchön mit Bleiftift gezeichnete
Köpfe, Akt-Studien; ferner eine fehr grofse Anzahl italienifcher Karneval-
Figuren. Mit Wahrfcheinlichkeit wird in die römifche Zeit auch eine Anzahl
Kompohtionsentwürfe zu fetzen fein, welche Nymphen und Faunen nach klaf-
hfchen Motiven in Aktion bringen, offenbar nur zum Theil für plaftifche Relief-
behandlung gefchickt.
Bald nach der römifchen, in die erfte Berliner Zeit, werden die drei Bleiftiff-
Porträts feiner Gefchwiher fallen (im Behtz der Frau Eugenie Schadow) in
gleicher Behandlungsweife, wie die erwähnten Köpfe Tahaert's und Selvino's. Der
ovale Hintergrund der Köpfe ift eingerahmt von altem bröckligen Gemäuer mit
Epheuranken oder Blumenfchmuck. Ein höchft charakterihifches Dokument aber
für den geihigen Kern der SchadowTchen Zeichenkunh ift ein alter Ouartband
(auch im Behtz der Frau Eugenie Schadow) 1783 gedruckt und laut Infchrift
178p von Schadow erworben, der den umftändlichen Titel führt: «Die heutige
 
Annotationen