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JOHANN GOTTFRIED SCHADOW. 1824—1850.
auch nur ein Zweck der Akademie als Unterrichtsanflalt? — Man fpricht von
der Düffeldorfer, von der Münchener Malerfchule, und zwei völlig verfchieden
gefärbte Bilder tauchen vor unteren Augen auf: als Erfolge der Akademie an-
erkannt und gepriefen Statt allfeitiger Förderung der Malkunft erblicken wir
Förderungen ganz einfeitiger Richtungen innerhalb der Kunfl, und fomit ifl gerade
die Bildung der Schule, foweit folche durch planmäfsiges Einfchnüren des Geifies
und der Phantafie in eine beftimmte Richtung hin gefchieht, als Mifserfolg der
Akademie zu bezeichnen. Denn die Akademie als Unterrichtsanflalt hat nichts
weiter zu lehren, als das Fehr- und Fernbare der Technik der Kunfl und der
erforderlichen Hülfswiffenfchaften. Wenn eine Akademie faktifch darüber hinaus-
geht und eine beftimmte Kunftrichtung ausprägt, fo beruht dies auf der leitenden
Perfönlichkeit, welche in hch und durch die angeftellten Fehrer eine folche Richtung
einfeitig bevorzugt, eine Wirkfamkeit, welche einem fbgenannten Meifleratelier
zukommen füllte und eine Akademie mithin nur zu einem erweiterten Meifler-
atelier macht. So in Düffeldorf, in München — fo aber nicht in Berlin. Schadow,
der technifch in ausgezeichnetfter Weife gefchulte Künftler von trefflicher Lehr-
begabung, leitete den Unterricht entweder felbft oder forgte dafür, dafs er in
gleicher Richtung auf die Technik gegeben ward, ohne fonderliche Rücklicht auf
denjenigen «Theil der Kunfl, der fich)) — fo fagt er — «weder durch Werke
Anderer, noch durch deren Unterricht erlernen läfst und der aus der Tiefe unferes
eigenen Ich's fich entwickeln mufs.))
Wenn die Akademie keine Berliner Malerfchule erzeugt hat, wohl aber eine
Anzahl Berliner Maler erften oder doch immerhin achtbaren Ranges in den ver-
fchiedenflen Gattungen und Richtungen der Malerei vorhanden ifl, welche mehr
oder minder längere oder kürzere Zeit dort ihren Studien oblagen, fo ifl dies
unferes Erachtens ein grofser Ruhm diefer Lehranftalt. Wir nennen Karl Blechen
und Wilhelm Schirmer, Schräder und Gentz, Magnus und Guflav Richter, Piflorius
und Carl Becker, Kolbe, Daege, Eybel, von Kloeber u. f. w. Es wird damit
natürlich nicht gefagt, dafs diefe Künftler ihren Ruhm dem verdanken, was fie
auf der Akademie gelernt haben. Das füllen he auch gar nicht; wenn aber
Jemand behaupten wollte, er habe von dem akademifchen Unterricht aus der
Schadow'fchen Zeit nichts gelernt, vielmehr fei diefer fchädlich gewefen; fo
halten wir dies mindeftens für eine Selbhtäufchung und glauben es einfach nicht.
Man darf unferer Auffaffung auch nicht die Exiftenz der Berliner Bildhauer-
fchule entgegenftellen. Diefe ifl entftanden, wie Schulen entliehen füllen: durch
den Einhufs eines Einzigen, im Meifleratelier Rauch's. Eine akademifche Frucht
war he durchaus nicht, denn an der Akademie unterrichteten Schadow felbft und
Tieck und freilich auch Rauch, aber alle im Sinne Schadow's das Lehrbare, vor
allem die Technik. Insbefondere hielt gerade Rauch allen akademifchen Unter-
richt aufser dem technifchen vorwiegend nur für Sonntagskoft; denn das, was
den Künftler macht, ifl nicht zu lernen, höchflens zu leiten, und nach feiner An-
hcht beförderte nichts den Künftlerdünkel mehr, als die Meinung, man könne
oder gar folle hch an der Akademie zum Künfller «ftudirem). Schadow und
Rauch lehrten nicht mit dem Wort, elfterer mehr mit dem Zeichenflift, letzterer
ausfchliefslich mit dem Modellirholz. Sein Tagebuch giebt häufig Auskunft über
JOHANN GOTTFRIED SCHADOW. 1824—1850.
auch nur ein Zweck der Akademie als Unterrichtsanflalt? — Man fpricht von
der Düffeldorfer, von der Münchener Malerfchule, und zwei völlig verfchieden
gefärbte Bilder tauchen vor unteren Augen auf: als Erfolge der Akademie an-
erkannt und gepriefen Statt allfeitiger Förderung der Malkunft erblicken wir
Förderungen ganz einfeitiger Richtungen innerhalb der Kunfl, und fomit ifl gerade
die Bildung der Schule, foweit folche durch planmäfsiges Einfchnüren des Geifies
und der Phantafie in eine beftimmte Richtung hin gefchieht, als Mifserfolg der
Akademie zu bezeichnen. Denn die Akademie als Unterrichtsanflalt hat nichts
weiter zu lehren, als das Fehr- und Fernbare der Technik der Kunfl und der
erforderlichen Hülfswiffenfchaften. Wenn eine Akademie faktifch darüber hinaus-
geht und eine beftimmte Kunftrichtung ausprägt, fo beruht dies auf der leitenden
Perfönlichkeit, welche in hch und durch die angeftellten Fehrer eine folche Richtung
einfeitig bevorzugt, eine Wirkfamkeit, welche einem fbgenannten Meifleratelier
zukommen füllte und eine Akademie mithin nur zu einem erweiterten Meifler-
atelier macht. So in Düffeldorf, in München — fo aber nicht in Berlin. Schadow,
der technifch in ausgezeichnetfter Weife gefchulte Künftler von trefflicher Lehr-
begabung, leitete den Unterricht entweder felbft oder forgte dafür, dafs er in
gleicher Richtung auf die Technik gegeben ward, ohne fonderliche Rücklicht auf
denjenigen «Theil der Kunfl, der fich)) — fo fagt er — «weder durch Werke
Anderer, noch durch deren Unterricht erlernen läfst und der aus der Tiefe unferes
eigenen Ich's fich entwickeln mufs.))
Wenn die Akademie keine Berliner Malerfchule erzeugt hat, wohl aber eine
Anzahl Berliner Maler erften oder doch immerhin achtbaren Ranges in den ver-
fchiedenflen Gattungen und Richtungen der Malerei vorhanden ifl, welche mehr
oder minder längere oder kürzere Zeit dort ihren Studien oblagen, fo ifl dies
unferes Erachtens ein grofser Ruhm diefer Lehranftalt. Wir nennen Karl Blechen
und Wilhelm Schirmer, Schräder und Gentz, Magnus und Guflav Richter, Piflorius
und Carl Becker, Kolbe, Daege, Eybel, von Kloeber u. f. w. Es wird damit
natürlich nicht gefagt, dafs diefe Künftler ihren Ruhm dem verdanken, was fie
auf der Akademie gelernt haben. Das füllen he auch gar nicht; wenn aber
Jemand behaupten wollte, er habe von dem akademifchen Unterricht aus der
Schadow'fchen Zeit nichts gelernt, vielmehr fei diefer fchädlich gewefen; fo
halten wir dies mindeftens für eine Selbhtäufchung und glauben es einfach nicht.
Man darf unferer Auffaffung auch nicht die Exiftenz der Berliner Bildhauer-
fchule entgegenftellen. Diefe ifl entftanden, wie Schulen entliehen füllen: durch
den Einhufs eines Einzigen, im Meifleratelier Rauch's. Eine akademifche Frucht
war he durchaus nicht, denn an der Akademie unterrichteten Schadow felbft und
Tieck und freilich auch Rauch, aber alle im Sinne Schadow's das Lehrbare, vor
allem die Technik. Insbefondere hielt gerade Rauch allen akademifchen Unter-
richt aufser dem technifchen vorwiegend nur für Sonntagskoft; denn das, was
den Künftler macht, ifl nicht zu lernen, höchflens zu leiten, und nach feiner An-
hcht beförderte nichts den Künftlerdünkel mehr, als die Meinung, man könne
oder gar folle hch an der Akademie zum Künfller «ftudirem). Schadow und
Rauch lehrten nicht mit dem Wort, elfterer mehr mit dem Zeichenflift, letzterer
ausfchliefslich mit dem Modellirholz. Sein Tagebuch giebt häufig Auskunft über