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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Valentin, Veit: Cornelius, Overbeck, Schnorr, Veit, Führich, 1, Jugendzeit in Rom
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0360
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PETER VON CORNELIUS.

Cornelius machte fleh noch während der Ausmalung der Stanza Bartholdy
mit vollem Eifer an die Arbeit. Er war wohl vorbereitet durch jene Abend-
vorlefungen feines Freundes Schloffer, der ihn auf folche Weife in die Kenntnifs
des Nibelungenliedes und Dantes eingeführt hatte. Rafch fügten fich die Vor-
arbeiten, und er konnte daran gehen, zunächfl fünf Zeichnungen in Wafferfarben
zu beginnen: "die vier Wände und die Decke. Die fünf Und aber in Elinficht
ihres Reichthums wie fünfzehn zu rechnen . . . Die vier Wände beftehen in zehn
Efauptbildern, ohne die kleineren Gemälde, Basreliefs, Verzierungen und Archi-
tektur.« (An Wenner 22. Okt. 1817). Zur Ausführung ift nur die Zeichnung des
Paradiefes gekommen, während in den grofsen Karton auch hiervon nur einzelne
Scenen übertragen worden lind. Wir verweifen befonders auf den treulichen Stich
von Eugen Schäfer nach dem jetzt im Mufeum zu Leipzig befindlichen Karton,
welcher uns Dante mit Beatrice vor Petrus, Paulus und Johannes, fodann Adam,
Stephanus, Mofes und Paulus zeigt. Ueber die Zeichnungen zum Paradiefe (die
in den Belitz des Königs Johann von Sachfen (Philalethes) gekommen und deren
Umriffe von Adam Eberle lithographirt, mit Erläuterungen von J. Döllinger ver-
fetten in Leipzig bei Börner 1830 erfchienen lind, berichtet Cornelius am 26. Augulf
1817 an Wenner: "Die Zeichnung zum Paradies ift im Karton fertig. Ich habe
es gleichfalls in die Malerei zu überfetzen gefucht, und geftrebt allem Metaphy-
lifchen eine Geftalt zu geben ohne ihm die fymbolifche Bedeutung zu nehmen
oder es zu fchwächen. Ich rücke den Befchauer auf jene Stelle des Himmels,
wo er denfelben mit allen Seligen, Heiligen und Engeln in Geftalt einer Rofe
überlieht. Im innerften und höchften Himmel ift Dante und St. Bernhard, welche
durch Vermittlung der heiligen Jungfrau zur Anfchauung Gottes gelangen. Ich
zeige die drei Perfonen der Gottheit felbft, nicht die drei Ringe des Dante; diefes,
gleichfalls als Mittelpunkt und Schlufsftein des Ganzen, wird von einem Kreis
von Cherubimköpfen eingefchloffen. Von da aus gehen nur vier grofse Strahlen,
die aber wie oben erwähnter Kreis architektonifch gehalten und ebenfalls mit
Engeln angefüllt lind nach dem Charakter der neun Chöre, welche die Himmel
tragen und bewegen. Die vier Räume, die daraus entliehen, werden jeder noch
einmal durch einen reichen Fefton von Blumen, Früchten und Vögeln getheilt,
der ebenfalls fich von der Mitte nach den vier Ecken der Decke zieht. Auf
diefe Weife erhalte ich acht Felder, welche nach derEintheilung des Dante von
Heiligen und Seligen ausgefüllt lind, fo dafs lie einen grofsen Kreis um das
mittlere Feld ziehen und fo die Rofe bilden. Um die ganze Decke geht ein
grofser Reif, gleichfam eine Milchftrafse von Sternen, und unter jedem Chor oder
Abtheilung der Heiligen lieht man dasjenige Gellirn, worein Dante lie verfetzt.
Die acht Felder habe ich folgendermafsen ausgefüllt. Dante an der Seite der
Beatrice iteigt fchwebend in den erllen Kreis des Himmels als im Monde. Hier
findet er die Jungfrauen und namentlich Picarda und ihre Genoffen. Im zweiten
Felde nehme ich zwei Planeten an, Merkur und Venus. Hier lieht manjuilinian,
den Minnefänger Folko von Marfeiile und die Kunizza. Im dritten Feld als in
der Sonne lind die Doktoren als St. Bonaventura, Albertus Magnus, Thomas von
Aquin. Das vierte Feld bezeichnet wiederum zwei Planeten, und zwar Mars und
Jupiter; hier lieht man die chritllichen Helden und Fürllen, als Karl den Grofsen,
 
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