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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,2): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Valentin, Veit: Cornelius, Overbeck, Schnorr, Veit, Führich, 3, Kampf und Ausgang
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https://doi.org/10.11588/diglit.36324#0106
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CHRISTUS IN DER VORHÖLLE.

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halten, um dem Künftler gerecht zu werden. Diefe entbehrt der Gröfse durchaus
nicht. Die Art, wie Chriflus in der Glorie erfcheint, wie in Kreisform die Vertreter
der vor Chrifli Erfcheinung auf Erden Geworbenen und trotzdem der Erlöfung
Gewürdigten um ihn gruppirt find, wie abfeits rechts und links je eine Sonder-
gruppe die Kompofition abfchliefst, ifl im beften Sinne des Wortes flilvoll gedacht.
Dabei weiff die Erfindung belebende Mannigfaltigkeit auf: je nachdem das Bewufst-
fein dem Einzelnen den Anfpruch auf Befreiung (z. B. des David) oder die
Empfindung des Ueberwiegens der Gnade (z. B. neben David Salomo) nahe legt,
wechfelt der Ausdruck, der noch dadurch bereichert wird, dafs die unten befind-
lichen Perfonen, wie der in tiefes Sinnen getauchte Jeremias, die Makkabäifche Mutter
mit den Kindern, von dem Erfcheinen des Erlöfers noch nichts merken. Unmittelbar
neben Chriflus find einerfeits Adam und Eva, andererseits Jofeph und Johannes
der Täufer, die erflen Menfchen des Alten und die erflen Gläubigen des Neuen
Bundes. Die Farben werden nach vorn und der Mitte zu leuchtender; nach
alterthümlicher Weife verändern fie lieh im Lichte, z. B. das rothe Kleid der
Makkabäifchen Mutter wird grün. Später hat Cornelius nur noch zweimal ein
Oelbild gefchaffen: er hat eine derSeligpreifungen für den Grafen Raczynski gemalt
(i8$i), und war damit fo zufrieden, dafs er glaubte, wenn er fortführe in Oel
zu malen, fich dem von ihm für recht erachteten Ziele «auch darin» zu nähern;
und endlich 1859 für die Wagner'fche Galerie eine früher (18$5) für das «Rhein-
landsalbum» des Prinzen von Preufsen gefchaffene Kompofition «Hagen verfenkt
den Nibelungenfchatz in den Rhein» (jetzt in der Nationalgalerie Nr. $6). Als
Cornelius wie Overbeck (S. 44) von der Akademie zu Antwerpen, deren membre
fondateur er feit 1852 war, aufgefordert wurde, ein Werk dorthin zu geben, bietet
er, nachdem er auf die erfte Anfrage vom 4. Juni 1859 nicht geantwortet hatte,
auf eine zweite Anfrage vom 4. Februar 1860 endlich am 9. März den Karton
zu diefem Bilde für 200 Pfund Sterling an. Er wird angenommen und trifft
im Augufl des Jahres in Antwerpen ein. Alberich Soll den Schatz in den Strom
werfen; Schon eilen die Nixen herbei und gieren nach dem Golde — aber
Alberich dreht fleh nochmals zögernd zu Hagen um, ob er den Schatz auch
wirklich hinabwerfen foll. Da giebt Hagen mit gebieterifcher Geberde die
Entscheidung. Im Vordergründe rechts ift ein Gnom neckifchen Nixen zu nahe
gekommen; fie zerren ihn beim Barte, er vertheidigt fich verzweifelt mit dem
Hammer. Im Hintergründe links fchaut der alte Vater Rhein und die Loreley
der Scene lebhaft bewegt zu. Der felbff bei einer Solchen Darffellung für
fymbolifche Auffaffung geneigte Cornelius dachte fich unter dem Nibelungenhorte
«das Sinnbild aller deutfehen Macht, Glücks und Herrlichkeit, welches Alles im
Rhein verfenkt liegt, und mit ihm dem Vaterlande erhalten bleibt oder verloren
geht» (Brief an Brüggemann aus Rom 13. Mai 1836 bei Förffer II. S. 382).
Auch hier macht der Karton den befferen Eindruck.
Der Mifserfolg mit der «Vorhölle» war für Cornelius' Stellung in Berlin
entscheidend: er zog fich mehr und mehr auf fich zurück, zumal er in demfelben
Jahre 1843 den Auftrag erhielt, der den Reff feiner künftlerifchen Schöpfungskraft
faff ausfchliefslich in Anfpruch nehmen Sollte, die Entwürfe für den Campo Santo
und für das damit zusammenhängende Dombild «die Erwartung des Weltgerichtes».
 
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