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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,2): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Valentin, Veit: Cornelius, Overbeck, Schnorr, Veit, Führich, 3, Kampf und Ausgang
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https://doi.org/10.11588/diglit.36324#0117
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CORNELIUS.

104

Unterordnung unter neue Gefichtspunkte neues Intereffe zu erwecken. Dabei bricht
überall die thatenfreudige Natur des Meifters durch: Alles, felbtl eine ruhige Scene,
wie die Anbetung der Könige, erfüllt er mit dramatischem Pathos — es ift, als
ob die lange gefammelte und reichlich geübte Kraft hier erft mit voller Wucht
zur Erfcheinung käme. Und in der That, an diefem Werke, welches der Sechzig-
jährige Mann begonnen, der zweiundfechzigjährige im Entwurf vollendet hat,
läßt lieh nirgends eine Abnahme der Schöpfungs- und Darftellungskraft finden:
die einzige Wirkung, welche das Alter ausgeübt hat, ifl ein mit der größeren
Reife gewonnenes Maßhalten, welches in der Formbehandlung bereits in der
Ludwigskirche beginnt, das aber hier in dem in glücklichster Stimmung und
ununterbrochener Thätigkeit gefchaffenen Werke in einer Einheitlichkeit des
Charakters fich äußert, wie bei keinem der früheren Werke: es prägt ihm den
Stempel der Vollendung auf, Soweit he bei der einmal beschaffenen Natur und
Richtung des Künftlers überhaupt erreicht werden konnte. Nur eine kleine Zahl
der Einzelbilder hat Cornelius im Karton ausgeführt, theils in der für die Wand-
bemalung gedachten Größe, theils in kleinerem Maßftabe. Zu farbiger Aus-
führung ift auf Bestellung des Grafen Raczynski im Jahre 1851 nur eine
der Seligpreifungen gelangt, ein Oelbild, das Cornelius für Sehr gelungen
gehalten hat (S. 94). Es ift die Gruppe: «Selig find, die da hungert und dürftet
nach der Gerechtigkeit», die letzte diefer Gruppen auf der Südwand. Wir Sehen
daraus, daß Cornelius auch hier einfache Farben angewendet und das Licht
durch andersfarbigen Schiller angedeutet hätte, eine Behandlung, wie er fie für
die monumentale Malerei allein zuläffig hielt. Die Kartons find es demnach,
welche gleichfam das letzte Werk des Meifters enthalten, und Cornelius, wohl
in der Vorausficht, dafs bei feinem hohen Alter eine durch ihn felbft vorgenommene
Ausführung in Farben nicht denkbar fei, hat auf die Herstellung gerade diefer
Kartons eine größere Sorgfalt als je früher verwendet. Zugleich aber erkannte
er, dafs der Reil Seines Lebens diefem Werke gewidmet fein müßte, und mit
einer großartigen Hingebung an die Sache hat er an diefem Gedanken feftgehalten,
felbft als ihm in Folge der politischen Veränderungen eine Siftirung der Arbeit
geboten wurde (1849 und 1850). Der Hinweifung, daß «wegen Vollendung des
ganzen Werks ein bindender Vertrag» nicht beftehe, erwiederte Cornelius in
Stolzer Würde damit, daß das Vertrauen, mit welchem er Sich der Arbeit
hingegeben habe, «auf dem Worte Sr. Majeftät, welcher die Ausführung befahl»
beruhe (die Verhandlungen bei FÖrfter II. S. 298—307). Trotzdem nun der
bereits begonnene Bau der Friedhoßhalle nicht weiter geführt, der Bau des
Domes aber gar nicht in Angriff genommen wurde, auch eine weitere Bezahlung
der nach dem Befehle der Siftirung dennoch ausgeführten Kartons zunächst
abgelehnt worden, arbeitete Cornelius raftlos an diefer feiner letzten und höchsten
Lebensaufgabe. Freilich war es ihm nicht vergönnt, jede Unterbrechung zu
vermeiden, zumal die Veranlagung von einer Seite kam, von der fie nicht gut
zurückzuweifen war. Kaum hatte fich Cornelius mit voller Begeisterung zur
Ausführung des erften Kartons gewendet, als er, im Auguft 1845, einen neuen
Auftrag des Königs erhielt: er follte einen Entwurf für die Apfiswand des
geplanten neuen Domes machen, d. h. für eine halbkreisrunde Wand von
 
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