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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,2): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Rosenberg, Adolf: Eugène Delacroix: geb. am 26. April 1799 in Charenton St. Maurice, gest. am 13. Aug. 1863 in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.36324#0329
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EUGENE DELACROIX.

wcfcntlichcn Flächen. Gcricault verfiel auf dem ,Flofs der Medufa' ein wenig in
dcnfclbcn Fehler. Wenn er länger gelebt hätte, würde er den Mangel feiner
Jugend erkannt und verbeffert haben. Auf diefem Gebiete ifl der unnachahm-
liche und am meiften des Studiums würdige Mann Paul Veronefe, welcher es
durch feine Weisheit in der Feflflcllung der verfchiedencn Flächen und der Lo-
kaltöne im Helldunkel erreicht, dafs man, aus der Nähe betrachtend, keinen gro-
fsen Untcrfchicd des Tonwerthcs vom Schatten zum Lichte gewahr wird, dafs
aber in allen feinen Werken, fowohl hinfichtlich der bezüglichen Placirung der
Gcgcnfländc als des richtigen Augenpunktes für den Befchauer, Alles fo zutref-
fend ift, dafs die vom Künfllcr gewünfehte Abhclit immer erreicht wird. . . Die
Antike hat jene Einfachheit, Sanftheit und Mäfsigung in den Flächen, welche
auch Paul Veronefe und Murillo zu eigen gewefen find. Rubens fällt wegen fei-
ner dunklen Hintergründe und feiner leuchtenden Figuren bisweilen in das Phan-
taflifche. Veronefe löfl feine Figuren immer fo vom Hintergründe los, dafs
fie den Eindruck machen, als könnte man um fic herum gehen. Diefc Illufion
wird dadurch erreicht, dafs die Figuren des Vordergrundes viel kräftiger find als
die des Hintergrundes. Die Natur verfährt faft immer fo.«
Aus einigen Aeufserungcn Gcricault's können wir entnehmen, wie hoch er
Delacroix fehätzte. Einmal fprach er feine ganz befondere Freude über eine
wohlgclungene Pferdcftudie des jungen Mannes aus, was aus feinem Munde fchon
eine grofse Anerkennung bedeutete. Da der Graf von Forbin den Ankauf des
"Floffcs der Medufa« nicht durchfetzen konnte, fuchtc er Gcricault dadurch zu
entfehädigen, dafs er ihm den Auftrag crthcilte, für eine Kapelle im Haufe "du
Sacrc Coeur« in Nantes ein Altarbild zu malen. Nach feiner Rückkehr aus London
fühlte fleh Gcricault jedoch fo hinfällig, dafs er den Auftrag Delacroix übergab,
welcher ein Bild malte, das die thronende Madonna mit einem flammenden
Herzen in der Hand darflellt. Die Regelung diefer Angelegenheit zog fich je-
doch bis in den Sommer des Jahres 1822 hin, als Delacroix bereits durch feine
erfle im Salon ausgeftclltc Schöpfung die allgemeine Aufmerkfamkeit auf fich ge-
lenkt hatte. Der Gedanke zu dcrfelbcn — es ift die "Barke des Dante« — mufs
ihm plötzlich gekommen fein. Er malte noch an dem erwähnten Altarbilde, als
ihn die Schilderungen aus dem Ercihcitskampf der Griechen gegen die Türken
fo fcffcltcn, dafs er eine Epifodc aus demfclbcn für den nächflcn Salon zu malen
bcfchlofs. "Ich glaube«, fchrieb er im Januar 1821, "dafs ein folchcrGegenfland
unter den gegenwärtigen Vcrhältniffcn ein Bild zur Geltung bringen wird, wenn
deffen Ausführung im Ucbrigcn etwas vcrdicnflvoll iil.« Bald darauf mufs aber
die Idee zu der "Barke des Dante« in den Vordergrund feiner Bcftrcbungen ge-
treten fein. Während fleh aus den Türkenkriegen erft für den Salon von 1824
das "Gemetzel von Chios« gcftaltctc, war Mitte April die "Barke des Dante«, an
welcher er nach einem Briefe an einen Freund "feit zwei und einem halben Mo-
nat wie ein Hund« gearbeitet hatte, fchon foweit gefördert, dafs er auf die Voll-
endung derfclben für den Salon hoffte.
In den bis zum Jahre 1822 ausgeführten Arbeiten Delacroix' deutet nichts
daraufhin, dafs er fich fchon früher mit ähnlichen Kompofitionen befchäftigt hätte.
Die vorhandenen Malereien, Zeichnungen, Radirungen, Lithographien und Stu-
 
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