42
PAUL DELAROCHE
lung des Beiwerks zu zeigen, und fo fordern die Uniform, der Seffel und na-
mentlich die mit Koth befpritzten Stiefel beinahe ein gleiches Intereffe heraus
wie der Kopf. Napoleon I. war übrigens einer feiner Lieblingshelden, und zwar
hatte dies nicht etwa feinen Grund in der politifchen Gehnnung des Künfllers,
fondern in dem Umhande, dafs fein Kopf dem des Kaifcrs ähnlich war und
er erheren daher als Modell benutzen konnte. So hatte er fchon 1836 einen wNa-
poleon in feinem Arbeitszimmer« ausgeftellt und 1831 liefs er einen wNapoleon
die Alpen iiberfchreitend« und 1852 einen ^Napoleon auf St. Helena« folgen. Im
Grunde genommen behandelte er auch in den Napoleonsbildern, wenigftens in
zwei derfelben, nur fein altes Thema: die Schilderung eines Moments vor oder
nach einem bedeutungsvollen, eine Entfchcidung herbeiführenden Ereigniffe. Das
ift auch der Grundzug der folgenden Schöpfungen, Gemälde und Zeichnungen,
welche zum Theil in den Jahren 1851 bis 1836 entflanden find, zum Theil, unbe-
tlimmten Urfprungs, in feinem Nachlaffe vorgefunden wurden: ))Marie Antoinette
nach ihrer Verurtheilung« (1831), ein Hauptwerk des Meifters, auch kolorihifch
intereffant durch das Raffinement einer doppelten Beleuchtung durch Lampen-
und Tageslicht, das Hetzte Gebet der Söhne Eduard's« (1832), die ))Trennung
der Madame Elifabeth, der Schweiler des Königs von ihrer Familie« (1834) und
ihr "Gang zum Schafott«, die Hetzte Beichte der Maria Stuart« (1834), wBeatrice
Cenci zur Hinrichtung geführt« (1834), ^Marie Antoinette in der Conciergerie« und
die nGirondihen« (1836), an welchen er zehn Jahre gearbeitet haben foll. Letzteres
Bild, welches den Augenblick darilellt, wo die Verurtheilten zur Hinrichtung gerufen
werden, bezeichnet in kolorihifcher Hinficht den Höhepunkt feines Könnens. In
mühevoller Arbeit war es ihm endlich gelungen, die koloriilifchen Härten undGegen-
fätze, welche fonil die Harmonie feiner Gemälde hörten, zu mildern und zu ver-
föhnen und namentlich in der Behandlung des Helldunkels jene Weichheit und
jenen Schmelz zu erzielen, die man früher vermifst hatte. Dafür ih aber der
Stoff nicht fo ergreifend und fcffelnd wie auf Gemälden wie wdie Ermordung des
Herzogs von Guife«, der wHinrichtung von Jane Gray«, den ^Söhnen Eduard's«,
))Cromwell am Sarge Karl's I.«. Es fehlt eben an einem Helden, dem hch die
Theilnahme der Befchauer zuwenden könnte. Das Intereffe zerfplittert hch und
um fo mehr, als die Situation nicht mit genügender Klarheit ausgedrückt ih.
Delaroche hat weniger eine Handlung dargehellt als Stimmungen und Gefühle
zu verkörpern gefucht, die hch nur fchwer oder gar nicht enträthfeln laffen. —
Delaroche hat auch als Porträtmaler eine umfangreiche Thätigkeit entfaltet
und zwar fchon feit 1831, wo ein Bildnifs der Henriette Sontag im Salon crfchien.
Wenn er auch in der Herauskehrung der geihigen Qualitäten eines Individuums,
in der pfychologifchen Analyfe und in der Gröfse der Auffafhmg bei Weitem
nicht an Holbein und Dürer heranreichte, fo theilte er doch ihr Streben, die
Wirklichkeit, die Eigenthümlichkeiten der äufseren Erfcheinung mit peinlicher
Sorgfalt wiederzugeben, und damit waren feine Zeitgenoffen höchlich zufrieden.
Er hat von Männern wie Thiers, Guizot, Horace Vernet, Henriquel-Dupont,
Lamartine, General Bertrand, Paph Gregor XVI., Achille Fould, de Remufat,
Pereire, Fürh Adam Czartoryski Abbilder hinterlaffen, welche man als Urkunden
von hihorifcher Treue gelten laffen darf.
PAUL DELAROCHE
lung des Beiwerks zu zeigen, und fo fordern die Uniform, der Seffel und na-
mentlich die mit Koth befpritzten Stiefel beinahe ein gleiches Intereffe heraus
wie der Kopf. Napoleon I. war übrigens einer feiner Lieblingshelden, und zwar
hatte dies nicht etwa feinen Grund in der politifchen Gehnnung des Künfllers,
fondern in dem Umhande, dafs fein Kopf dem des Kaifcrs ähnlich war und
er erheren daher als Modell benutzen konnte. So hatte er fchon 1836 einen wNa-
poleon in feinem Arbeitszimmer« ausgeftellt und 1831 liefs er einen wNapoleon
die Alpen iiberfchreitend« und 1852 einen ^Napoleon auf St. Helena« folgen. Im
Grunde genommen behandelte er auch in den Napoleonsbildern, wenigftens in
zwei derfelben, nur fein altes Thema: die Schilderung eines Moments vor oder
nach einem bedeutungsvollen, eine Entfchcidung herbeiführenden Ereigniffe. Das
ift auch der Grundzug der folgenden Schöpfungen, Gemälde und Zeichnungen,
welche zum Theil in den Jahren 1851 bis 1836 entflanden find, zum Theil, unbe-
tlimmten Urfprungs, in feinem Nachlaffe vorgefunden wurden: ))Marie Antoinette
nach ihrer Verurtheilung« (1831), ein Hauptwerk des Meifters, auch kolorihifch
intereffant durch das Raffinement einer doppelten Beleuchtung durch Lampen-
und Tageslicht, das Hetzte Gebet der Söhne Eduard's« (1832), die ))Trennung
der Madame Elifabeth, der Schweiler des Königs von ihrer Familie« (1834) und
ihr "Gang zum Schafott«, die Hetzte Beichte der Maria Stuart« (1834), wBeatrice
Cenci zur Hinrichtung geführt« (1834), ^Marie Antoinette in der Conciergerie« und
die nGirondihen« (1836), an welchen er zehn Jahre gearbeitet haben foll. Letzteres
Bild, welches den Augenblick darilellt, wo die Verurtheilten zur Hinrichtung gerufen
werden, bezeichnet in kolorihifcher Hinficht den Höhepunkt feines Könnens. In
mühevoller Arbeit war es ihm endlich gelungen, die koloriilifchen Härten undGegen-
fätze, welche fonil die Harmonie feiner Gemälde hörten, zu mildern und zu ver-
föhnen und namentlich in der Behandlung des Helldunkels jene Weichheit und
jenen Schmelz zu erzielen, die man früher vermifst hatte. Dafür ih aber der
Stoff nicht fo ergreifend und fcffelnd wie auf Gemälden wie wdie Ermordung des
Herzogs von Guife«, der wHinrichtung von Jane Gray«, den ^Söhnen Eduard's«,
))Cromwell am Sarge Karl's I.«. Es fehlt eben an einem Helden, dem hch die
Theilnahme der Befchauer zuwenden könnte. Das Intereffe zerfplittert hch und
um fo mehr, als die Situation nicht mit genügender Klarheit ausgedrückt ih.
Delaroche hat weniger eine Handlung dargehellt als Stimmungen und Gefühle
zu verkörpern gefucht, die hch nur fchwer oder gar nicht enträthfeln laffen. —
Delaroche hat auch als Porträtmaler eine umfangreiche Thätigkeit entfaltet
und zwar fchon feit 1831, wo ein Bildnifs der Henriette Sontag im Salon crfchien.
Wenn er auch in der Herauskehrung der geihigen Qualitäten eines Individuums,
in der pfychologifchen Analyfe und in der Gröfse der Auffafhmg bei Weitem
nicht an Holbein und Dürer heranreichte, fo theilte er doch ihr Streben, die
Wirklichkeit, die Eigenthümlichkeiten der äufseren Erfcheinung mit peinlicher
Sorgfalt wiederzugeben, und damit waren feine Zeitgenoffen höchlich zufrieden.
Er hat von Männern wie Thiers, Guizot, Horace Vernet, Henriquel-Dupont,
Lamartine, General Bertrand, Paph Gregor XVI., Achille Fould, de Remufat,
Pereire, Fürh Adam Czartoryski Abbilder hinterlaffen, welche man als Urkunden
von hihorifcher Treue gelten laffen darf.