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Zum Geleit.

Es ist sehr zu bedauern, daß die älteren mit Liebe zusammengefügten Wiener
Kunstsammlungen allmählich sich auflösen und verschwinden. Diese Auflösung,
von welcher die meisten betroffen worden sind, ist freilich hier später erfolgt als
in manchen anderen Hauptstädten, wie z. B. in Berlin, und trotz der Ungunst der
Zeiten unter starkem Widerstreben der begeisterten Liebhaber. An sich erfreu-
lich als Zeugnisse der Kultur, waren sie auch wertvoll als Reservoir für die Museen.
Von den bedeutendsten, die Gustav von Benda und Dr. Albert Figdor gebildet
haben, ist die eine dank einem großherzigen Vermächtnis ganz, die andere ohne
eine solche Verfügung wenigstens zu einem nicht unbeträchtlichen Teile Wien
erhalten geblieben. Aber auch die kleineren, mehr in besonderen Liebhabereien
aufgegangenen Sammlungen haben hie und da einen Beitrag zu dem reichen
Bestände unserer Museen beigesteuert. Unter ihnen stand die des schon vor Jahren
verstorbenen kaiserl. Rates Alexander Tritsch in erster Reihe; das Kunsthistorische
Museum hat ihm drei vortreffliche Stücke zu danken: ein reizvolles Gesellschafts-
stück von Dirck Hals, das er zum Dank für meine vor mehr als einem Viertel-
jahrhundert erschienene Veröffentlichung seiner Sammlung spendete, ein feines
Bauernstück von Adriaen van Ostade und ein interessantes frühes Kircheninterieur
von Emanuel de Witte, zwei Gemälde, von denen das eine durch Ankauf, das
andere als Geschenk eines Kunsthändlers in die Galerie gelangte. Die übrige
Sammlung des Herrn Tritsch bestand — außer einer Kollektion von Wiener Por-
zellan und einigen Bildern des 19. Jahrhunderts — hauptsächlich aus mit Geschmack
gewählten niederländischen Gemälden des 16. und 17. Jahrhunderts. Nur schwer
und nur durch die Verhältnisse gezwungen hat sich die Witwe von einem Teil
dieser Schätze getrennt. Unter dem noch Vorhandenen, das nach ihrem Hinscheiden
zur Versteigerung gelangt, finden sich gleichwohl manche hervorragende Stücke,
von denen ich nur als Beispiele das imposante und wirkungsvolle Familienbild
von Gonzales Coques, das prächtig lebensvolle Frauenporträt von Bartholomeus
van der Heist, das vortreffliche Kircheninterieur von Hendrik van Vliet und
die große eindrucksvolle alttestamentarische Darstellung von Jan Victors besonders
erwähnen möchte. Mögen diese und andere schöne niederländische Gemälde Wien
erhalten bleiben und in neu gegründete und neu zu gründende Sammlungen auf-
genommen werden, die sich an jene älteren würdig anschließen sollten.

Gustav Glück.
 
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