8. Schwedische Romantik
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8. Schwedische Romantik
Die schwedische Kunst trat mit dem 19. Jahrhundert in ein
großes Tief ein. Das Bürger- und Beamtentum, das mit der Berna-
dottezeit in die Stellung der führenden Schicht einrückte, hatte für
die Kunst kein inneres Bedürfnis und daher auch kein lebendiges
Interesse. Die Kunst wurde landfremd. Da die in ihrer Organi-
sation rückständige Akademie der Jugend nichts zu bieten hatte,
so zerstreuten sich die Künstler in die Fremde, sie studierten in
Rom und in Paris und suchten ihren Auslandsaufenthalt nach Mög-
lichkeit in die Länge zu ziehen. Die schwedische Kunst, die sich im
18. Jahrhundert vorwiegend vom französischen Einflüsse genährt
hatte, mußte jetzt nach dem Zusammenbruche des Rokokos und
unter dem Drucke der großgermanischen Reaktion gegen die fran-
zösische Kultur eine neue Orientierung suchen, und in der Bewäl-
tigung dieser Aufgabe zeigte sie sich mangels entschiedener Talente
unschlüssig und unsicher.
Am Eingang des Jahrhunderts herrschte, wie überall in Europa,
der Klassizismus, dessen Tradition in der Malerei langlebige Künstler
noch auf Jahrzehnte hinaus behaupteten. So blieb der trockene
Per Krafft d. J. (1777—1863) im Davidismus stecken; Fredrik
Westin (1782—1862), vieljähriger Präsident der Akademie und Hof-
und Bildnismaler der Zeit Karls XIV. Johann, schloß sich an den
Modemaler Gerard an, und der Porträtist Olof Södermark (1790 bis
1848) vertrat etwa die Ingresstufe des Klassizismus. Die jüngere
Generation aber trat bald in den Bannkreis der Romantik. Freilich
hat die romantische Strömung in der schwedischen Literatur frucht-
barer gewirkt als in der Kunst, deren Wurzeln sie nie erfaßt hat.
Drang Dahl auf dem Wege über das romantische Naturgefühl zu
einer vertieften und persönlichen Natur auf fassung durch, so hat
sich sein älterer Zeitgenosse Karl Johann Fahlcrantz (1774—1861),
obschon er auch holländische und englische Einflüsse aufgenommen
hat, doch von dem Erbe des 18. Jahrhunderts, dem Vorbilde
Claudes, nie ganz ablösen können, und gern hat er heimische Motive
arkadisch oder auch heroisch umgebaut. Wenn Atterbom ihn als
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8. Schwedische Romantik
Die schwedische Kunst trat mit dem 19. Jahrhundert in ein
großes Tief ein. Das Bürger- und Beamtentum, das mit der Berna-
dottezeit in die Stellung der führenden Schicht einrückte, hatte für
die Kunst kein inneres Bedürfnis und daher auch kein lebendiges
Interesse. Die Kunst wurde landfremd. Da die in ihrer Organi-
sation rückständige Akademie der Jugend nichts zu bieten hatte,
so zerstreuten sich die Künstler in die Fremde, sie studierten in
Rom und in Paris und suchten ihren Auslandsaufenthalt nach Mög-
lichkeit in die Länge zu ziehen. Die schwedische Kunst, die sich im
18. Jahrhundert vorwiegend vom französischen Einflüsse genährt
hatte, mußte jetzt nach dem Zusammenbruche des Rokokos und
unter dem Drucke der großgermanischen Reaktion gegen die fran-
zösische Kultur eine neue Orientierung suchen, und in der Bewäl-
tigung dieser Aufgabe zeigte sie sich mangels entschiedener Talente
unschlüssig und unsicher.
Am Eingang des Jahrhunderts herrschte, wie überall in Europa,
der Klassizismus, dessen Tradition in der Malerei langlebige Künstler
noch auf Jahrzehnte hinaus behaupteten. So blieb der trockene
Per Krafft d. J. (1777—1863) im Davidismus stecken; Fredrik
Westin (1782—1862), vieljähriger Präsident der Akademie und Hof-
und Bildnismaler der Zeit Karls XIV. Johann, schloß sich an den
Modemaler Gerard an, und der Porträtist Olof Södermark (1790 bis
1848) vertrat etwa die Ingresstufe des Klassizismus. Die jüngere
Generation aber trat bald in den Bannkreis der Romantik. Freilich
hat die romantische Strömung in der schwedischen Literatur frucht-
barer gewirkt als in der Kunst, deren Wurzeln sie nie erfaßt hat.
Drang Dahl auf dem Wege über das romantische Naturgefühl zu
einer vertieften und persönlichen Natur auf fassung durch, so hat
sich sein älterer Zeitgenosse Karl Johann Fahlcrantz (1774—1861),
obschon er auch holländische und englische Einflüsse aufgenommen
hat, doch von dem Erbe des 18. Jahrhunderts, dem Vorbilde
Claudes, nie ganz ablösen können, und gern hat er heimische Motive
arkadisch oder auch heroisch umgebaut. Wenn Atterbom ihn als