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Helas, Volker; Landesamt für Denkmalpflege Hessen [Hrsg.]; Kalden, Gerhard [Ill.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Hessen: Baudenkmale in Hessen: Stadt Kassel: 1 — Braunschweig, Wiesbanden: Friedr. Vieweg & Sohn, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.48764#0017
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Einleitung

Kassel gehört zu den deutschen Städten, die im Zweiten Weltkrieg weitestgehend zerstört und die
ihrer Eigenart in hohem Maße beraubt worden sind. Kassel ist als Fachwerkstadt ebenso wie die Altstädte von
Frankfurt, Hildesheim oder Halberstadt untergegangen; nicht ein einziges Fachwerkhaus hat im Kem der Kasse-
ler Altstadt die Kriegszerstörungen überstanden. Die Residenzstadt der hessischen Landgrafen ist kaum noch als
solche zu erkennen. Doch die ausgedehnten Gartenanlagen der Karlsaue oder des Bergparkes mit dem Schloß
Wilhelmshöhe lehren allein durch ihre räumliche Ausdehnung, daß Kassel einmal eine sehr bedeutende Stadt
gewesen sein muß. Große Straßen, breite Plätze, vereinzelt noch mit älteren Repräsentationsbauten bestanden,
erhärten diese Annahme, die sich der unbefangene Besucher Kassels bilden mag. Dem Kundigen verrät ein Bild
auf dem Stadtplan, daß der Stadtkern dort zu finden sein müßte, wo auch heute noch die Straßenzüge zusammen-
laufen. Doch das alte Zentrum ist im Stadtplan nicht mehr zu lokalisieren. Die wenigen älteren Monumental-
bauten wirken bedeutend. Man kann sie nur als Reste eines zerstörten Organismus begreifen, dem heute der
rechte Zusammenhang fehlt.
Das gegenwärtige Kassel wird durch unaufwendige Nachkriegsbauten geprägt, zwischen denen wie Inseln die
Bauten stehen, die die Katastrophe der Zerstörung vom 22. Oktober 1943 überstanden haben. Die Neubauten
stehen allerdings auf Grundstücken, die dem alten Straßenraster weitgehend folgen - die Besitzer bauten wieder
auf den gleichen Grundstücken. Offensichtlich alte Straßennamen legen die Vermutung nahe, daß es sich bei den
räumlichen Strukturen der wieder- oder besser neugebauten Stadt um ähnliche wie vor der Kriegszerstörung
handelt, was in der Tat der Fall ist. Auch die im allgemeinen mäßige Bauhöhe läßt vermuten, daß es vor der
Zerstörung ähnliche Straßen- und Platzsituationen gegeben haben könnte.
Kassel ist heute kein deutsches Architekturmuseum; die Geschichte der Stadt ist an ihren Bauten nur sehr lücken-
haft ablesbar, dazu ist die Stadtgestalt zu nachhaltig durch Flächenbombardements und einen entschiedenen Neu-
bauwillen, dem der Abschied vom Alten offenbar nicht schwergefallen war, geprägt worden. Nicht mehr ablesbar
ist, daß die Stadt auf einen frühmittelalterlichen Kern zurückgeht, einen 913 erstmals erwähnten fränkischen
Königshof. Vor der Mitte des 12. Jh. bestand eine Marktsiedlung, bedeckt durch eine Burg der Thüringischen
Landgrafen. In die Umwehrung des Marktfleckens war das Ahnaberger Kloster einbezogen, von dem heute jede
bauliche Spur fehlt. 1189 wurde Kassel zum ersten Mal als Stadt erwähnt, 1277 wurde Kassel Hauptstadt des

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