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Kimpflinger, Wolfgang [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 1, Teil 1): Stadt Braunschweig — Braunschweig, 1993

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https://doi.org/10.11588/diglit.44168#0055
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Burgplatz eine „museale Insel“ werden ließ.
Dieser neuen Bestimmung kommt die Umge-
staltung des Platzes von 1937 zum Fußgän-
gerbereich entgegen, so daß der Platz selbst
nahezu unverändert in der Form der dreißiger
Jahre belassen werden konnte.
Zusätzlich zu seiner historischen und städte-
baulichen Bedeutung als Denkmalgruppe be-
stimmt den Denkmalwert der sehr heteroge-
nen Gebäudesubstanz des Burgbezirks in
ganz besonderer Weise jeder einzelne der
dort dicht beieinander stehenden architektur-
und kunsthistorisch herausragenden Bauten.
LÖWENMONUMENT
Im Zentrum seines Machtbereiches, dem Pa-
las der Burg Dankwarderode gegenüber, ließ
Heinrich der Löwe 1166 als Zeichen seiner
Herrschaft und Gerichtshoheit jenes Löwen-
standbild errichten, das bis heute als die frü-
heste monumentale Freiplastik des Mittelal-
ters gilt und somit einen wichtigen Fixpunkt in
der Geschichte der abendländischen Plastik
markiert. Schon bald nach seiner Aufstellung
beginnt die Reihe der Erwähnungen und bild-
lichen Darstellungen des damals schon viel-
beachteten Monumentes: Um 1250 berichtet
der Chronist Albert von Stadezum Jahr 1166:
„Henricus Dux supra basin erexit leonis effi-
giem und bereits das älteste Stadtsiegel
Braunschweigs von 1231 zeigt den Löwen im
Zentrum, umgeben von den Türmen und
Mauern der Stadt. Seither ist der „Braun-
schweiger Löwe“, Sinnbild fürstlicher Macht
und Herrschaft, trotz aller jahrhundertelanger
Streitigkeiten zwischen den Herzögen und
der Stadt, das ideelle und geographische
Zentrum Braunschweigs.
Seit 1166 steht das Monument immer an dem
selben Platz, und neuere mineralogische Un-
tersuchungen während der letzten Restaurie-
rung der Bronzefigur haben ergeben, daß der
Guß wahrscheinlich an Ort und Stelle er-
folgte. Der Löwe selbst, dessen Original sich
seit 1983 in der Burg Dankwarderode befin-
det, scheint im Laufe der Jahrhunderte nur
wenige Veränderungen erfahren zu haben.
Aufgrund der Überlieferung darf eine zeitwei-
lige Vergoldung angenommen werden, auf-
gefundene Farbspuren am Kopf deuten auf
frühere Farbfassungen in diesem Bereich hin.
1858 während einer völligen Erneuerung des
Sockels wurde der Löwe erstmals nachweis-
lich von seinem Unterbau genommen und in
der Werkstatt des Braunschweiger Gießers
Howaldt genauer untersucht. Es wurden
Steine und Erde aus dem Inneren des Löwen
entfernt und an einigen Stellen kleinere Re-
staurierungen vorgenommen. Die Wieder-
entdeckung der Kunst des deutschen Mittel-
alters seit der Zeit der Romantik sowie natio-
nalstaatliches Denken ließen den Löwen zum
„vaterländischen“ Denkmal werden, das nun
sowohl historisch als auch kunsthistorisch
weit überdie Grenzen Braunschweigs hinaus
Bedeutung gewann: Mit der Restaurierung
von 1858 beginnt daher auch eine Reihe von
Kopien für Interessenten außerhalb der Stadt
Braunschweig selbst: Das Königliche Mu-
seum Berlin erhielt 1858 einen Gipsabguß,

Burgplatz, Löwenmonument, 1166


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