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Pantel, Etta [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 25): Baudenkmale in Niedersachsen: Landkreis Soltau-Fallingbostel — Braunschweig, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.43924#0279
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SCHNEVERDINGEN

Die im Nordwesten des Landkreises gelegene
Gemeinde wurde erst 1976 aufgrund ihrer Grö-
ße und Ausstattung zur Stadt ernannt. Seit der
Gebietsreform 1974 besteht Schneverdingen
aus insgesamt elf Ortsteilen. Nach Walsrode
verfügt die Stadt über das flächenmäßig größte
Gemeindegebiet und reicht mit über 18.000
Einwohnern an die größeren Städte des Kreises
heran.
Der weitaus überwiegende Teil der Bevölkerung
lebt im Einzugsgebiet der Kernstadt Schnever-
dingen, deren Entfernung von Soltau etwa 15
Kilometer beträgt. Die dünn besiedelten Ortsteile
umkreisen in vier bis neun Kilometern den zen-
tralen Kernort und nehmen trotz jüngerer Wohn-
gebiete in ihren kleinen Dörfern und vielfach weit
voneinander entfernten einzelnen Hofstellen nur
wenige Einwohner auf.
Als Kirchort in dem gleichnamigen Kirchspiel,
das bis zur Abtrennung von Fintel im Jahre 1846
(heute im Landkreis Rotenburg) das größte im
damaligen Amt Rotenburg war, kamen auf
Schneverdingen schon früh zentrale Aufgaben
zu.
Eine erste Erwähnung fand die ehemalige
Gografschaft „Snevordinge“, später auch „Sne-
wordinghusen“ und „Snevern“ genannt, 1231 in
einer Abtretungsurkunde der im weiteren Um-
kreis reich begüterten Familie Zahrenhusen
(wohl aus dem gleichnamigen Ortsteil bei
Schneverdingen stammend) an den Verdener
Bischof. Der Ortsname leitete sich möglicher-
weise von seiner früheren Grenzlage, der „Sne-
de“, her. Auch soll eine in Lüneburger Schriften
erwähnte und im 17.Jh. ausgestorbene Patri-
zierfamilie „Sneverding“ dem einzigen adligen

Hof im Ort entstammen. Mit dem Erwerb der
Gerichtsbarkeit waren die Bischöfe von 1288 an
für 360 Jahre bis zur Schwedenherrschaft nach
dem Dreißigjährigen Krieg auch die weltlichen
Landesherren, nunmehr des Stiftes Verden, ge-
worden. Da das Kirchspiel im Grenzbereich zum
Fürstentum Lüneburg lag, unterhielten die
Bischöfe in Schneverdingen einen eigenen freien
Hof wohl als eine Art Vorposten, auf dem sie
sich zuweilen auch aufhielten. Wahrscheinlich
war dies der bischöfliche „Voigthof“ gegenüber
der Kirche, der später zum Amtshof ausgebaut
wurde. Die mit Neuenkirchen vereinte und dem
Amt Rotenburg unterstellte Vogtei Schneverdin-
gen gehörte nach der Neuordnung seit 1648
dem weltlichen Herzogtum Verden an, das von
1720 an Teil des Kurfürstentums Hannover war.
Nach der bereits 1735 erfolgten Abtrennung
Neuenkirchens aus der Amtsvogtei und der
kurzzeitigen Gründung eines selbstständigen
Amtes Schneverdingen (1852) wurde es jedoch
nach der erneuten Reform dem Amt Soltau
eingegliedert und kam somit 1885 an den
gleichnamigen Landkreis. Durch den Wechsel
der alten Oberbehörde von Stade nach Lüne-
burg war die alte Bindung des Bereiches an
Stade, Rotenburg bzw. Verden, bis auf die
kirchlichen Zusammenhänge,- gekappt worden.
Die ehemaligen Grenzen der Amtsvogtei Schne-
verdingen entsprechen heute in etwa den
Gemeindegrenzen, mit Ausnahme der zum
Landkreis Rotenburg gekommenen Gemeinde
Fintel, der 1974 ausgegliederten Ortsteile
Sprengel und Grauen (heute Gemeinde Neuen-
kirchen) und der Einbeziehung von Ehrhorn aus
dem ehemaligen Amt Winsen an der Luhe.
Zahlreiche vorgeschichtliche Funde u.a. in der
näheren Umgebung des Kernorts weisen auf
eine lange Siedlungsgeschichte des Bereiches
hin. Er liegt in dem von eiszeitlichen Ablagerun-

gen stark geprägten Gebiet zwischen der Wüm-
me- und Böhmeniederung und wird insgesamt
von großen Höhenunterschieden gekennzeich-
net. Von dem Endmoränenzug Hohe Heide mit
seinen bis zu 140 Metern hohen Erhebungen im
nordöstlichen Ortsteil von Ehrhorn bzw. der
etwas niedrigeren Neuenkirchener- oder Schne-
verdinger Endmoräne in der Südheide fällt das
Gelände bis auf 40 Meter Höhe in der Wümme-
niederung - in der Gemarkung Lünzen - ab. Auf
den mageren Sandflächen dazwischen haben
sich flachwellige Plateaus gebildet, die sich teil-
weise zu Mooren entwickelt haben, wie das
inzwischen renaturierte Pietzmoor im Süden von
Schneverdingen oder die anmoorigen Flächen
nördlich von Insel bis Wintermoor. Die Siedlun-
gen entstanden auf den erhöhten Geestrücken
bzw. den niederen Talsandinseln. Nachdem an
Stelle der alten Waldgebiete durch Abholzungen
und Brände die genügsame Heide entstanden
war, welche jahrhundertelang die Lebensgrund-
lage der Heidebauern bildete, sind vor allem im
20.Jh. durch Wiederaufforstungen weite Teile zu
Wald vor allem mit Kiefern- und Fichtenbestän-
den geworden. Heute liegen die ehemals inmit-
ten der Heide gegründeten kleinen Dörfer und
Einzelhöfe auf den erhöhten, von Wald umgebe-
nen „Inseln“.
Der landschaftliche Reiz der Umgebung besteht
aus dem Wechsel zwischen Heide, Wald,
Brach- und Moorflächen mit einem geringen
Anteil an eingestreuten Ackerflächen. Seit dem
Beginn des 20.Jh. hat die landschaftliche Be-
sonderheit zu einem regen Fremdenverkehr ge-
führt. Große Teile der Gemeinde liegen innerhalb
des von Nordosten bis Schneverdingen heran-
reichenden Naturparks Lüneburger Heide, in
dem seit 1909 versucht wird, die verbliebene ty-
pische Heidelandschaft mit ihrer traditionellen
Bebauung zu erhalten. Die Schaffung zusätz-


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