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Kämmerer, Christian [Hrsg.]; Lufen, Peter Ferdinand [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 7,1): Landkreis Northeim: Südlicher Teil mit den Städten Hardegsen, Moringen, Northeim und Uslar, den Flecken Bodenfelde und Nörten-Hardenberg, der Gemeinde Katlenburg-Lindau und dem Gemeindefreien Gebiet Solling — Braunschweig, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.44420#0211
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Ehern. Benediktinerkloster St. Blasii. Blick auf die Ostwand mit Mauerresten der Stiftskirche. Östlicher Flügelanbau. Foto: Staatliche Bildstelle Berlin, um 1930


Tore eingebunden, die eine Verbindung zur
Außenstadt herstellten: 1285 das Untere Tor
oder Mühlentor (valva molendini, molendor) im
Norden, 1293 das Höckelheimer Tor im Westen
und 1295 das Obere Tor (overes dor) im Osten.
Eingebunden in den wehrhaften Mauerring
waren zahlreiche Turmwerke, wie sie die Stadt-
ansichten des 17.Jh. zeigen. Die Verbesserung
der Kriegswaffentechnik führte im 15.Jh. zu
einer Ausweitung der Stadtbefestigung in Ge-
stalt einer Wall-Graben-Anlage, die man um die
Stadt legte. Die topographische Situation ver-
hinderte jedoch den Bau eines Wassergrabens.
Stattdessen entstanden vor dem Wall zahlrei-
che aufgestaute Teiche, die durch schmale
Dämme getrennt waren. Zugleich führte die
äußere Umwallung zur Anlage markanter
Torbollwerke, die zur Gliederung des Befes-
tigungsringes beitrugen. Weitgehend erhalten
hat sich das 1468 vollendete Bollwerk am
Oberen Tor.
Zur Sicherung der städtischen Feldmark wurde
nach Fertigstellung der Mauer eine durch
Warten gegliederte Landwehr angelegt, die
nach Aufnahme der Dörfer erweitert wurde. Aus
einem oder mehreren Gräben und Wällen
bestehend, die man mit „geknicktem“ Busch-

werk bepflanzte, erschwerte die Landwehr
während der häufigen Fehden im Spätmittel-
alter das Eindringen räuberischer Horden ins
städtische Territorium und verhinderte zugleich
in friedlichen Zeiten das Ausbrechen des
Weideviehs. Gleichwohl trugen der Verlauf der
Leine mit ihren zahlreichen Nebenarmen und ihr
weites Überschwemmungsgebiet zur Siche-
rung der Northeimer Feldmark bei.
Die Wehrhaftigkeit des inneren Befestigungs-
ringes zeigte sich insbesondere im Dreißig-
jährigen Krieg, als das städtische Bollwerk einer
Belagerung der Truppen Tillys standhielt.
Politischer Druck und die in der Stadt wütende
Pest führten erst 1627 zur Kapitulation und zu
einem Abtrag großer Teile der Wallanlage,
namentlich auf der Nordseite. Die durch
Einebnung gewonnenen Areale wurden in der
Folgezeit als Garten- und Grasland und der
westliche Wallabschnitt im ausgehenden 18. Jh.
als Friedhof genutzt. Verhindert werden konnte
der Abriss der Stadtmauer durch das Gesuch
Herzogs Friedrich Ulrich von Braunschweig an
General Tilly 1629.
Während im späten Mittelalter ein Teil der
Stadtwirtschaft auf den Durchgangs- und
Fernverkehr eingestellt war, nutzten auch die

wirtschaftlichen Betriebe der Stadt die guten
natürlichen Bedingungen: So lieferten Boden
und Gewässer die Grundlage für Ackerbau,
Garten- und Hopfenanbau sowie Viehzucht,
hingegen diente die Rhume dem Holzhandel
und der Flößerei. Rhume und weiterhin die
Leine wurden zum Transport des in den Harz-
forsten gefällten Tannenholzes genutzt. Die
Quellen berichten, dass „Bauholz aus dem
Königl., adelichen und Klosterforsten auf der
Rume und Leine, und zum Theil auch auf der
Achse, weit und breit umhertransportirt“ wurde.
Bereits 1502 gewährte der Landesherzog der
Northeimer Bürgerschaft freie Holzflößerei auf
der Rhume, die erst mit dem Bau der
Eisenbahnlinie in der 2. Hälfte des 19.Jh. ihre
praktische Bedeutung einbüßte.
Zu den Besonderheiten Northeims gehörten die
so genannten Erbenschaften, wie sie auch in
Duderstadt und Einbeck bekannt sind. Es sind
überwiegend Nachkommen der aus den wüst
gewordenen stadtnahen Dörfern stammenden
Einwohner aus Sonderhagen, Medenheim,
Sultheim und Langenholtensen, die in die
Schutz bietende Stadt übersiedelten. Nach E.
Kühlhorn war die Übersiedlung der
Medenheimer 1379 weitgehend abgeschlos-
 
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