Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kämmerer, Christian [Hrsg.]; Lufen, Peter Ferdinand [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 7,1): Landkreis Northeim: Südlicher Teil mit den Städten Hardegsen, Moringen, Northeim und Uslar, den Flecken Bodenfelde und Nörten-Hardenberg, der Gemeinde Katlenburg-Lindau und dem Gemeindefreien Gebiet Solling — Braunschweig, 2002

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.44420#0214
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
schule von 1914/16. Vorausgegangen war die
Verlegung der Northeimer Garnisonen nach
Goslar, die das preußische Kriegsministerium
1890 veranlasste. Fortan bemühte sich die
Stadt, den Militärstandort zurückzugewinnen,
da dieser zugleich ein wichtiger Wirtschaftsfak-
tor für die Stadt war. Im Vertrag von 1913 zwi-
schen dem Reichsfiskus und der Stadt über ein
Gelände von ca. 6 ha erklärte sich die Stadt
bereit, das Gelände zu erwerben, die Gebäude
zu bauen und diese an die Heeresverwaltung
zu vermieten. Im Weiteren mussten für einen
Exerzierplatz 50 ha westlich des Sultmer Holzes
erworben werden. Die Arbeiten an der Kaser-
nenanlage fanden 1916 ihren Abschluss. In der
Folgezeit erlebten die Bauten der Scharnhorst-
kaserne zahlreiche Nutzungsänderungen.
Die Kasernenbauten gaben dem Wohnungs-
bau am Sultmer Berg Auftrieb, wo seit 1945
eine rege Bautätigkeit am Südhang des Berges
ein setzte.
Die Schleifung des Befestigungswerkes durch
die Einebnung der nördlichen Wallabschnitte
und die Errichtung neuer Stadttore führten im
17. und 18.Jh. zu einer Veränderung der
Stadtumrisslinie. Diese Entwicklung fand im
ausgehenden 19.Jh. mit dem Ausbau und der
Erweiterung der Scharrengasse zur Wieter-
straße, die zugleich zu einer Erweiterung des
ursprünglichen Drei-Tore-Systems führte und

eine direkte Anbindung der südlichen Außen-
stadt ermöglichte, ihre Fortsetzung. Auch inner-
halb des Befestigungsringes musste die Stadt
seit dem 19.Jh. erhebliche Eingriffe erdulden.
Tief greifende Einschnitte bewirkten insbeson-
dere die verheerenden Stadtbrände 1832,
1846 und 1892, die historisch wertvolle Bau-
substanz unwiederbringlich vernichteten.
Betroffen waren zunächst der Mittelpunkt der
Altstadt mit dem Rathaus, die westliche Zeile
des Marktes und Teile der Breiten Straße (Nr. 1 -
11, 14, 55-56). Im Jahre 1846 wurde die Stadt
erneut von einer Brandkatastrophe heimge-
sucht, der 34 Wohnhäuser mit ihren Hinterge-
bäuden zum Opfer fielen. Ausgehend von der
Mühlenstraße breitete sich der Brand in Rich-
tung Neustadt aus und vernichtete nahezu die
gesamten Bauten der Nordseite (Nr. 1-24).
1892 brach hinter dem Haus Breite Straße 51
Feuer aus und erfasste die Bauten auf der
östlichen Marktplatzseite bis zur Düsteren
Gasse (Rathausgasse).
Entscheidend verändert wurde das Gesicht des
historischen Stadtkerns mit dem Bau des
neuen City-Centers „Grafenhof“ zwischen 1971
und 1973 auf dem Areal des ehemaligen
Klostergutes. Es entstand in exponierter Lage
ein maßstabsprengender wuchtiger Baukörper,
der seitdem die städtebauliche Dominante dar-
stellt.

Stadtgrundriss
Der nach Nordwesten sich weitende und in das
Einbeck-Markoldendorfer Becken übergehen-
de breite Leinetalgraben bildet mit dem engen
Rhumetal, das sich zwischen Fachberg und
Bomeneburg bis auf ca. 500 m verjüngt, die
wesentlichen naturräumlichen Leitlinien für die
Anlage der Stadt Northeim. Von jeher etwas
abseits der hochwassergefährdeten Einmün-
dungsstelle der Rhume in die Leine gelegen,
nehmen die beiden Flussläufe mit ihren
Niederungen und der den Ostrand des Leine-
talgrabens klar begrenzende, etwa 5 km lange
Wieter Einfluss auf die Topographie der Stadt.
Der nach Westen sanft abfallende Wieter ist ein
schmaler bewaldeter Höhenrücken, der durch
Querbrüche in einzelne Kuppen unterteilt wird,
von denen die höchste knapp 360 m erreicht.
Jenseits der Rhume erhebt sich der 226 m
hohe Sultmer Berg.
In diesen unverwechselbaren, dem südnieder-
sächsischen Bergland zuzurechnenden viel-
gliedrigen Landschaftsraum liegt malerisch
eingebunden der Northeimer Altstadtkern mit
einer Fläche von 21,8 ha, umschlossen von
einer noch in wesentlichen Teilen erhaltenen
wehrhaften Stadtmauer, die ein nahezu regel-
mäßiges west-ost-gerichtetes ellipsenförmiges
Areal umschreibt.

Teilansicht des alten Friedhofs vor der Stadtmauer mit klassizistischen Grabmalen an der Gardekürassierstraße. Foto: Staatliche Bildstelle Berlin, um 1930


210
 
Annotationen