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andern Brüder, trotz ihrer Jugend alle merkwürdig fertige, tüchtige Menſchen,
hatten in diesem kleinen Staat jeder sein besonderes Amt, für das ſie sich ver-
antwortlich fühlten und mit bescheidenem Stolz davon berichteten. Dabei auch
äußerlich gut gebildet, sprachen sie Franzöſiſch und Engliſch, Andreas auch noch
Italieniſch, und, unsre größte Ueberraſchung am Abend, die liebenswürdigen
und schönen Töchter auch Deutsch, und zwar vortresslich, obſchon ſie es nur in
Athen gelernt hatten. Keiner von ihnen war bisher im Ausland gewesen, doch
verriet mir Andreas seine Absicht, demnächst für einige Zeit nach Italien zu
gehen, um besonders in Apulien die feine Oelzucht zu erlernen. Es wurmte
ihn, wie er mir sagte, daß das griechiſche Oel, einst das beste der Welt, jett
nur gut sein sollte, um nach Marseille und England verschifft zu werden zur
Seifenſsabrikation. Das müsse anders werden.
Nach der Abendmahlzeit wurde von den Töchtern auf ſchönem Flügel
musiziert und geſungen — uns alles wie ein Traum. Der Gipfelpunkt war
aber für Freund Lolling, den Ostfriesen, als nach wundervoll durchſchlafener
Nacht der Diener anklopſte und rief, in unserm Vorzimmer stände der Tee für
uns bereit. Hätte in dieſem Augenblick rechts ein unedierter Inſchriftstein, links
ver Tiſch mit dem Tee gestanden, ich glaube, Lolling hätte in der Tat zuerſt
zum Tee gegriffen, so ſehr begeisterte ihn dieser damals in Griechenland über-
haupt noch seltene, auf unsrer eigenartigen Reise natürlich ganz unerhörte Genuß.
Ich habe ihn nie so schnell vom Lager emporſchnellen sehen.
Drei Tage vergingen im Abstreifen von Stadt und Umgebung, gehegt und
gepflegt von dieser einzigartigen Familie, unglaublich schnell. Am zweiten Tage
wurde ein von den fünf Söhnen vorgeschlagener Ritt nach der zwei starke Reit-
stunden oberhalb Aegions gelegenen einsfligen Stadt Rhypes mit einem Erlebnis
eingeleitet, das hernach viel Fröhlichkeit auslöste, aber in der erſten Wirklichkeit
doch bedenklich aussah. Lolling war kein gelernter Reiter. Er durchreiste Griechen-
land zwar zu Pferde, aber das waren ruhige Packtiere, an ſchwere Arbeit ge-
wöhnt, mit breiten, zum Mitanhängen von Gepäck eingerichteten Holzsätteln,
auf denen andre Gangart als gemächlicher Schritt kaum denkbar war, dafür
saß man denn auch ganz behaglich in solchem Sattel, oft wenn die stundenlange
Spreizung der Beine unbequem wurde, im Frauensſitz, wenn nicht gerade ſchauend,
dann wohl ſchreibend oder lesend. Unsre Pferde waren entlassen. Besorgt
ſragte Lolling, als der Ritt vorgeſchlagen und von uns natürlich dankbar an-
genommen war, was für Pferde wir denn bekommen würden. Andreas lächelte
und beruhigte Lolling über deren Güte. Als nun aber nach dem mittäglichen
Frühſtück wir aus unserm Zimmer fröhliches Pferdegetrappel und Wiehern
hörten und kerabblickten, wurde Lolling sehr besorgt. Statt der breiten Pack-
sättel glänzten schöne engliſche Sättel auf ungeduldig tänzelnden und scharrenden
der Familie gehörenden Roſſen. Wir wurden heruntergebeten und Lolling als
dem älteren und würdigeren von uns das wohl beste Pferd angeboten. Besorgt
blickte er bald auf mich, bald auf die vom Balkon unserm Ausritt mit Interesse
zuschauenden Damen. Kaum saß er jedoch im Sattel, da toſte sein Pferd los,
andern Brüder, trotz ihrer Jugend alle merkwürdig fertige, tüchtige Menſchen,
hatten in diesem kleinen Staat jeder sein besonderes Amt, für das ſie sich ver-
antwortlich fühlten und mit bescheidenem Stolz davon berichteten. Dabei auch
äußerlich gut gebildet, sprachen sie Franzöſiſch und Engliſch, Andreas auch noch
Italieniſch, und, unsre größte Ueberraſchung am Abend, die liebenswürdigen
und schönen Töchter auch Deutsch, und zwar vortresslich, obſchon ſie es nur in
Athen gelernt hatten. Keiner von ihnen war bisher im Ausland gewesen, doch
verriet mir Andreas seine Absicht, demnächst für einige Zeit nach Italien zu
gehen, um besonders in Apulien die feine Oelzucht zu erlernen. Es wurmte
ihn, wie er mir sagte, daß das griechiſche Oel, einst das beste der Welt, jett
nur gut sein sollte, um nach Marseille und England verschifft zu werden zur
Seifenſsabrikation. Das müsse anders werden.
Nach der Abendmahlzeit wurde von den Töchtern auf ſchönem Flügel
musiziert und geſungen — uns alles wie ein Traum. Der Gipfelpunkt war
aber für Freund Lolling, den Ostfriesen, als nach wundervoll durchſchlafener
Nacht der Diener anklopſte und rief, in unserm Vorzimmer stände der Tee für
uns bereit. Hätte in dieſem Augenblick rechts ein unedierter Inſchriftstein, links
ver Tiſch mit dem Tee gestanden, ich glaube, Lolling hätte in der Tat zuerſt
zum Tee gegriffen, so ſehr begeisterte ihn dieser damals in Griechenland über-
haupt noch seltene, auf unsrer eigenartigen Reise natürlich ganz unerhörte Genuß.
Ich habe ihn nie so schnell vom Lager emporſchnellen sehen.
Drei Tage vergingen im Abstreifen von Stadt und Umgebung, gehegt und
gepflegt von dieser einzigartigen Familie, unglaublich schnell. Am zweiten Tage
wurde ein von den fünf Söhnen vorgeschlagener Ritt nach der zwei starke Reit-
stunden oberhalb Aegions gelegenen einsfligen Stadt Rhypes mit einem Erlebnis
eingeleitet, das hernach viel Fröhlichkeit auslöste, aber in der erſten Wirklichkeit
doch bedenklich aussah. Lolling war kein gelernter Reiter. Er durchreiste Griechen-
land zwar zu Pferde, aber das waren ruhige Packtiere, an ſchwere Arbeit ge-
wöhnt, mit breiten, zum Mitanhängen von Gepäck eingerichteten Holzsätteln,
auf denen andre Gangart als gemächlicher Schritt kaum denkbar war, dafür
saß man denn auch ganz behaglich in solchem Sattel, oft wenn die stundenlange
Spreizung der Beine unbequem wurde, im Frauensſitz, wenn nicht gerade ſchauend,
dann wohl ſchreibend oder lesend. Unsre Pferde waren entlassen. Besorgt
ſragte Lolling, als der Ritt vorgeſchlagen und von uns natürlich dankbar an-
genommen war, was für Pferde wir denn bekommen würden. Andreas lächelte
und beruhigte Lolling über deren Güte. Als nun aber nach dem mittäglichen
Frühſtück wir aus unserm Zimmer fröhliches Pferdegetrappel und Wiehern
hörten und kerabblickten, wurde Lolling sehr besorgt. Statt der breiten Pack-
sättel glänzten schöne engliſche Sättel auf ungeduldig tänzelnden und scharrenden
der Familie gehörenden Roſſen. Wir wurden heruntergebeten und Lolling als
dem älteren und würdigeren von uns das wohl beste Pferd angeboten. Besorgt
blickte er bald auf mich, bald auf die vom Balkon unserm Ausritt mit Interesse
zuschauenden Damen. Kaum saß er jedoch im Sattel, da toſte sein Pferd los,