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Duhn, Friedrich
Ein Ritt durch den nördlichen Peloponnes vor vierzig Jahren — Stuttgart, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.43815#0023
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Z. 0- ri

der wiederaufgebauten Stadt, daß auf unsre Frage an einen sich uns unauf-

gqefordert anschließenden Hirten, warum er denn so bis an die Zähne bewaffnet

gehe, die Antwort kam: „Es gibt hier so viele Wölfe, und ich wollte den Herren
zur Seite sein, da ich sah, daß Sie unbewasfnet waren." Er blieb die Stunden
hindurch treu neben uns, ohne daß wir ihm hernach die geringste Erkenntlichkeit
außer etwas Tabak hätten erweiſen können. Wie überhaupt der Besucher
Griechenlands, namentlich wenn er von Italien kommt, durch die vornehme
diskrete Art dieser alten Kulturträger angenehm berührt wird. Die Hände
werden nur geöffnet zu treuherzigem Handſchlag. Ich hatte u. a. die Aufgabe,
überall nach alten Inschriften zu suchen. Unser Hirt versicherte mir, daß vor

wenigen Jahren in den Trümmern des alten Theaters eine große griechiſche

Inschrift gefunden worden sei. Da sei aber der Papas des benachbarten Dorſes
gekommen und habe bei Nacht den Stein wieder vergraben, damit nicht die
Franken kämen und aus der Inſchrift entnähmen, wo hier die Schätze der allen
Hellenen begraben lägen. War es doch in dieſer Zeit im ganzen Peloponnes
die Vorstellung des Volkes, Schliemann habe auf alten Sieinen gelesen, wo er
graben müsse, um „den Schatz" zu finden, welchen er Mykene verdankte. Man
zerschlug sogar Steine in der Wahnidee, der Schatz sei in dieſen Steinen
verborgen, auf den Steinen stände das, und die Franken verſtänden das
zu lesen.

Nachdem wir nachmittags noch einen Beſuch in einem Gutshof in der
Ebene unterhalb Bura gemacht hatten, der einen Besitz des Klosters Mega-
ſpiläon darstellte und an den wir warm empfohlen waren, ritten wir abends
wieder im gaſtlichen Aegion ein, auf das herzlichſte begrüßt. Nachdem wir noch

einen schönen Tag dort verweilt, brachte uns diesmal das Dampfſchiff nach

Patras.

Von dort aus sollte Olympia besucht werden, wo die Ausgrabungen des
Deutschen Reiches, unsre erste Friedenstat, im zweiten Jahre im Gange waren
und durch die topographiſchen und künſtleriſchen Funde + die Giebelfiguren
des Zeustempels, die Metopen, soweit erhalten, und die Nike des Paionios
waren Hereits gefunden ~ gewaltig lockten. Jetzt bringt uns die Bahn in
fünf Stunden von Patras hin. Damals war das anders. Teure lange Wagen-
fahrt oder der noch langsamere aber billigere landesübliche Ritt auf Pferd oder
Maultier mit dem zweimaligen Nachtquartier waren in jeder Richtung nötig.
Aber man hatte auch was davon. Zunächst glückte mir gleich am ersten Tage
mit Hilfe von griechiſchen und lateinischen Inſchriften und geographischer Be-
rechnung die erstmalige richtige Ansetzung der wichtigen alten Stadt Dyme,
namhafte Kolonie Roms noch in der Kaiserzeit. Ich konnte die Lage identi-
fizieren mit derjenigen des heute. blühenden Ortes Kato - Achaia. Den ganzen
Tag über fand ich faſt durchweg unbekannte Inſchriften, darunter große
griechische, zum Teil in achäiſchen Dialektformen, und eine ganze Reihe römi-
scher, sogar solche, die ſich auf das kaiserliche Haus bezogen; ich klatſchte
und ſchrieb ab, was ich konnte, und heimsie einen Schatz von Inſchriften ein,
 
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