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Durm, Josef
Handbuch der Architektur (Theil 2, Die Baustile ; Bd. 2): Die Baukunst der Etrusker, die Baukunst der Römer — Darmstadt, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.2021#0048
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Fig. 32.

TusT^fscfirt-Tfraprl <|» n hu r -nsd\m GJiocomJo.

Auch der Schlufsfatz »Columen, cantherii, templa ita funt collocanaa, ut ßillicidium tecti abfoluti
tertiario refpondeaU begegnet verfchiedenartiger Auslegung.

Reber bringt das »tertiarium« mit der Säulenhöhe in Verbindung und bezieht es ohne Noth auf diefe,
indem er fagt, dafs der Traufenvorfprung des fertigen Daches einem Drittel der Säulenhöhe entfpreche.
Semper dagegen bezieht das Drittel auf die Dachlinie und will dann nicht den Vorfprung der Traufe,
fondern die Dachhöhe, bezw. die Giebelhöhe damit beftimmt wiffen. Der Satz dürfte, wie folgt, auf-

zulöfen fein: ___ut ßillicidium refpondeat tertiario tecti abfoluti, d. h. dafs der Fall der Dachlinie oder

der Trauffläche, d. i. die Scheitellinie des Giebeldreieckes, gleich dem dritten Theile der fertigen oder
ganzen Dachfläche fei. Nach der neben flehenden Figur ift dann die Linie fg, gemeffen vom Traufrande
bis zur Giebelfpitze, das tectum abfolutum, die Dachhöhe fh das ßillicidium und fh = x\% fg.

Können wir uns mit diefen technifchen Refultaten zufrieden geben, fo bleibt der Mangel von genauen
Angaben über die formale Durchbildung diefer conftructiven Elemente durch unferen Autor immer zu
beklagen.

Mit den unferigen ähnlichen Anfchauungen und Textauslegungen fällt auch die oben flehende
fchlichte Reconftruction des Fra Giocondo (Fig. 32) zufammen.

Ift das Triglyphon als felbftverftändlich einzufchalten, oder war es eine Be-
fonderheit des tuskifchen Tempels, dafs ein decorirter Fries bei demfelben nicht
vorhanden war oder wenigftens kein Triglyphen-Fries?

Möglich, fogar wahrfcheinlich, dafs er urfprünglich fehlte; an fpäteren Werken
kommt er vor. Denn er ift an Grab-Facaden zu finden, die über 3 Jahrhunderte
und mehr älter find, als Vitruv. Nach ihm haben wir es mit Tempeln in gemifchter
(Holz- und Stein-) Bauweife zu thun. Auf ihren Säulen lagerten Holz-Architrave
»mit Schwalbenfchwänzen fo verklammert, dafs die Zufammenfügung einen zwei
Finger breiten, freien Zwifchenraum enthielt; denn wenn fie fich gegenfeitig be-
rührten und nicht den Hauch und das Wehen des Windes einliefsen, fo würden fie
warm und faulten fchnell.«

Man möchte beinahe aus diefer letzten Bemerkung auf einen Holz-Rohbau
über den Säulen fchliefsen, wenn nicht wieder (mit Terracotta oder Holz?) ver-
kleidete Gefimfe und über diefen hölzerne oder gemauerte und geputzte Giebelfelder
angegeben wären. Wir dürfen uns wohl die gefammte äufsere Architektur bei
 
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