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Durm, Josef
Handbuch der Architektur (Theil 2, Die Baustile ; Bd. 2): Die Baukunst der Etrusker, die Baukunst der Römer — Darmstadt, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.2021#0104
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felben aber enthält das Mars-Feld, welches zu feiner natürlichen Schönheit auch
noch den Schmuck durch weife Fürforge hinzubekam.«

»Denn die bewunderungswürdige Gröfse des Feldes, welches trotz einer fo
grofsen Menge von Leuten, die fich im Ballfchlagen, im Reifenfpiel und im Ringen
üben, dennoch zugleich für Wagenrennen und Reitübungen ungehinderten Spiel-
raum gewährt, fodann die es umgebenden Bauwerke und der das ganze Jahr hin-
durch grünende Rafenboden, endlich der Kranz von Hügeln oberhalb des Fluffes,
welcher bis zu feinem Bette hinab einen theatralifchen Anblick darbietet, dies Alles
gewährt ein fchwer zu verlaffendes Schaufpiel. Nahe bei diefem Felde ift noch ein
anderes und rings um daffelbe eine Menge Säulenhallen, Lufthaine, drei Schaufpiel-
häufer, ein Amphitheater, prächtige und an einander ftofsende Tempel, fo dafs es
überflüffig fcheinen dürfte, auch noch die übrige Stadt zu befchreiben. Daher haben
die Römer, welche diefen Platz als einen hoch heiligen betrachten, auch die Denk-
mäler der berühmteften Männer und Frauen dafelbft aufgeftellt. Das merkwürdigfte
darunter aber ift das fog. Maufoleum, ein grofser, auf hoher Grundmauer von weifsem
Marmor aufgeführter, bis zur Spitze mit immergrünen Bäumen dicht bedeckter Erd-
hügel neben dem Fluffe. Auf dem Gipfel fleht eine eherne Bildfäule des Kaifers
Auguflus; unter dem Erdhügel aber find feine, feiner Verwandten und Freunde
Gräber, und hinter demfelben befindet fich ein grofser, die reizendften Spazier-
gänge enthaltender Hain. In der Mitte des Feldes zeigt fich die Umfaffungsmauer
des Platzes, wo er verbrannt wurde, gleichfalls von weifsem Marmor, ringsum
von einem eifernen Gitter umgeben, inwendig aber mit Pappeln befetzt. Geht man
dann wieder auf den alten Markt und fieht, wie neben diefem fich ein Marktplatz
an den anderen reiht, und Bafiliken und Tempel, und fieht man auch noch das
Capitolium und die fowohl dort, als auf dem Palatium und in den Spaziergängen
der Livia befindlichen Kunftwerke, fo vergifft man wohl leicht das draufsen Liegende.
So befchaffen ift Rom.«

»Faft jedes Haus hat Wafferbehälter, Röhren und reichlich fprudelnde Brunnen,
worauf M. Agrippa die gröfste Sorgfalt verwendete, der auch die Stadt mit vielen
Prachtwerken fchmückte.«

Die hieratifche Kunft ftand nicht an der Spitze der grofsen Bewegung auf
architektonifchem Gebiete, wie dies in Griechenland zur Blüthezeit der Fall war, und
die höchften Leiftungen gipfeln auch nicht in diefer. »Donnerkeil, Aegis und Drei-
zack u. a. find Märchen fammt der ganzen alten Theologie, um kindifche Gemüther
zu fchrecken,« fagt-der gleiche Strabo.

Die Nachfolger des Auguflus hielten in der Ausführung von Prachtbauten
mit diefem gleichen Schritt, und es erhielt fich der Kunftfinn des Volkes zunächft
noch auf gleicher Höhe. Tiberius, Caligula, Claudius, Nero, Vefpafian, Titus, Do-
mitian, Trojan, der kunftfinnige Hadrian, die Anlonine, Septimius Severus, Caracalla,
Alexander Severus, zum Theile glänzende Staatsmänner, Feldherren und Regenten,
gaben über zwei Jahrhunderte lang Beweife einer tüchtigen Kunftübung und hinter-
liefsen beinahe in der ganzen damals bekannten Welt Spuren ihrer Bauthätigkeit.

Unter dem letztgenannten Herrfcher und feinen unmittelbaren Nachfolgern be-
drohten die Perfer das römifche Mefopotamien und Syrien; anarchifche Zuftände
machten fich in Rom geltend; Germanen drangen über den Rhein, Gothen und
Skythen an der Donau vor; in den Provinzen erhoben die Truppen ihre Feldherren
zu Kaifern. In diefer gefahrvollen Lage rettete der foldatifche Aurelian (270—275

Handbuch der Architektur. II. 2. 7
 
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