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Durm, Josef
Handbuch der Architektur (Theil 2, Die Baustile ; Bd. 2): Die Baukunst der Etrusker, die Baukunst der Römer — Darmstadt, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.2021#0103
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96

Die folgenden macedonifchen, fyrifchen und der dritte punifche Krieg machten
Macedonien, Achaja und Afrika zu römifchen Provinzen (200—144 v. Chr.).

Die heimgebrachte griechifche Kriegsbeute, die grofse Zahl der in Rom und
Italien internirten, zum Theile künftlerifch gebildeten, griechifchen Kriegsgefangenen
wirkten nun in höherem Mafse auf die heimifche Kunftweife befruchtend, aber auch
zerfetzend ein. Durch die Kriege und Eroberungen wurden aber die Befitzverhält-
niffe alterirt; der Grundbefitz ging in die Hände des Adels über; der Mittelftand ver-
kam ; die Sclavenwirthfchaft nahm überhand; der Feldbau wurde vernachläffigt, der
Kleingrundbefitzer zu Grunde gerichtet; das feitherige Leben verlor feine Einfachheit
und machte der Verfeinerung und dem Luxus Platz. Geburts- und Geldadel beu-
teten vereint den Staat in eigennützigfter Weife aus, während das Proletariat fich
vermehrte und der frei geborene, grundbefitzende Bauernftand verarmte. Die Be-
ftrebungen der Gracchen, diefe Schäden zu heilen, die agrarifchen Reformbemühungen
endigten nach 22-jährigem Kampfe mit dem Siege des Adels.

Schwer auch fchädigte in der Folge Italien der fog. Bundesgenoffenkrieg —
der Krieg wurde zum Handwerk!

Die Kämpfe zwifchen Marius und Sulla vollendeten in der Folge die Romani-
firung Italiens, legten aber auch zugleich den Grund zur militärifchen Gewaltherr-
fchaft (88—78 v. Chr.). Die Republik war nicht mehr zu halten.

Trotz diefer politifchen Verfahrenheit und inneren Kämpfe blühten Kunft
und Kunftgewerbe, welche fogar in diefer unruhigen Zeit einen mächtigen Auf-
fchwung nahmen. Die adeligen Gefchlechter wetteiferten mit einander im Errichten
prächtiger Bauten. Tempel erhoben fich; aber auch Speculations-Bauten von
zweifelhaftem Kunftwerth und geringer Solidität drängten fich in den Vorder-
grund.

Die koftbarften Materialien wurden dabei verwendet, Privathäufer mit Luxus-
gärten errichtet, einzelne im Werthe von über 1 000000 Mark. »Perfifchen Königs-
paläften ähnliche Gebäude« nach Strabo (Lib. V, 2)! Mit diefem mächtigen Auf-
fchwung der monumentalen und der Kleinkunft fällt die Blüthe der römifchen Literatur
zufammen. Julius Caefar begann um diefe Zeit, dem römifchen Reiche die Oft-
und Nordfeeftriche hinzuzufügen, befiegte Helvetier, Germanen, Belgier und dehnte
feine Heereszüge bis Britannien aus.

Aus dem Bürgerkriege mit Pompejus ging er als Dictator, Imperator, Conful
auf 10 Jahre und als Halbgott hervor! Sein Grofsneffe Octavian, der (27 v. Chr.)
den Namen Auguflus erhielt, trat als erfter Imperator perpetuus und Princeps Senatus
die Herrfchaft des römifchen Reiches und Volkes an. Die monarchifche Regierungs-
form machte der republikanifchen und dictatorifchen ein Ende und verblieb bis zum
Verfalle des römifchen Reiches.

Der Architektur war diefe Wandlung der Dinge und befonders des Augußus
Regierung ungemein günftig; er konnte das ftolze Wort ausfprechen, »er habe die
Ziegelftadt Rom in eine marmorne verwandelt« 57). Die prächtigften Werke rühren
aus diefer Zeit her. »Pompejus, Caefar, Augußus und deffen Söhne und Freunde,
Gattin und Schwerter haben den Eifer und Aufwand Aller in Bezug auf Bauwerke
übertroffen« (Strabo, Lib. V, 3, 9). Und weiter fchildert uns derfelbe Schriftfteller
und Zeitgenoffe (geb. 66 v. Chr., geft. 24 n. Chr.): »Die meiften (Bauwerke) der-

5T) Marmoream fe rcliuquerc quam latericiam acccpijjet,
Backftein (gebrannter Ziegel) heifsen.

* Latericiam will hier Lehmftein, Luftziegel und nicht
 
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