Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Durm, Josef
Handbuch der Architektur (Theil 2, Die Baustile ; Bd. 2): Die Baukunst der Etrusker, die Baukunst der Römer — Darmstadt, 1885

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2021#0115
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1 f

■■ ■

■„4 ■ ''. i

io8

wurden glatt gelaffen zur Aufnahme von Stuck und Malerei, oder fie wurden caf-
fettirt mit einfachen oder abgetreppten quadratifchen, oblongen, rautenförmigen,
fechs- und achteckigen Füllungen.

Bei den Quadergewölben kam Mörtel in der Regel nicht zur Anwendung; da-
gegen wurden zum Verbände in ausgiebigem Mafse Eifenklammern oder auch in den
Steinen felbft Vertiefungen mit einpaffenden Auskragungen verwendet; bei den Gufs-
gewölben diente Eifen nur zur Befeftigung der Stuck-Ornamente. Bekleidungen der
inneren Wölbflächen mit Metallblechen (Pantheon?) mögen zu den Seltenheiten zu
rechnen fein, während folche auf der Aufsenfeite, namentlich bei Kuppelgewölben,
gewöhnlich gewefen fein dürften.

Abgleichungen der Gewölberücken zu flachen Terraffen oder in Form von
Satteldächern, oft noch mit einer Ziegeldeckung verfehen, waren in Uebung; ein
hölzernes Schutzdach über dem Gewölbe galt wohl als Pleonasmus. Entweder kam
das eine oder das andere zur Anwendung.

Bei den Grofsconftructionen wurde Werth auf die Verwendung möglichft leichter
Materialien (poröfe, vulkanifche Tuffe) gelegt.

Das Vermauern von Töpfen in Gewölben mag bis zum Ende der Republik
hinaufreichen; fyftematifch durchgeführt, zur Erleichterung des Gewichtes der Ge-
wölbe und zur Verringerung des Schubes, ift es an keinem wirklich römifchen Bau.
»Die Ehre der erften rationellen Anwendung von Töpfen zu Gewölben kömmt ganz
den Architekten der byzantinifchen Schule zu« e6).

Der Schwerpunkt der architektonifchen Leiftung ift nicht, wie bei den Griechen,
im Tempelbau zu fuchen, fondern in den hohen, umfangreichen Aufgaben, welche
das erweiterte öffentliche und Staatsleben an die Baukunft ftellte. Bafiliken, Foren,
Amphitheater, Theater, Cirken und Bäder traten hinzu; das verfeinerte Leben und
der Luxus verlangten reichere Wohngebäude und Villen und das Caefaren-Regiment
grofsartige Palaftanlagen. Der Todtencult wollte Gräberanlagen mit prächtigen,
monumentalen Denkzeichen; die Eigenliebe, Selbftvergötterung und die fpätere
Devotion fchufen die Ehrenfäulen und Triumphbogen. Strafsen-, Brücken-, Hafen-,
Waffer- und Feftungsbauten etc., Wafferleitungen zu Nutz und Zier waren die Auf-
gaben, welche den Ingenieuren in jener Zeit geftellt wurden.

So weit die Römer ihre Waffen trugen, fo weit trugen fie auch ihre Kunft!
Am Saume der fyrifchen Wüfte, in den Felfenfchluchten von Petra, am Geftade des
Golfes von Bajae, an den fchönen Küftenftrichen Kleinafiens, im regenlofen Aegypten,
auf den Abhängen des fchneeigen Apennin und in den fonnigen Thälern Italiens,
an der Donau, am Rhein und an der Mofel, auf den Höhen des Schwarzwaldes und
im mittäglichen Frankreich oder nebeligen Britannien — überall finden wir diefelbe
Architektur oder diefe nur ganz geringfügig modificirt. Bald gaben Nadelhölzer
(Fichten, Tannen, Lärchen, Pinien, Cedern und Cypreffen), bald die faftigen Laub-
holzwaldungen der immergrünen oder gewöhnlichen Eichen, der Buchen und Kaftanien,
bald die füdlichen Palmen, bewaldete Höhen oder kahle Felsgebirge mit ewigem
Schnee oder flache Geftade, vom Wellenfchlag des Meeres oder eines Binnen-
fees umfpült, den landfchaftlichen Hintergrund ab. Keine Bedenken kommen den
Weltbeherrfchern, ob auch ihre Gebilde zum Baumwuchs, zur Natur oder zum
Klima des einen oder anderen Landftriches ftimmen möchten, auf welche Stimmung

66) Vergl. Choisy, A. L'art de batlr cliez les Romains. Paris 1873. S. 96 — und defl*. Verf.: L'art de baür chez
les Byzantins. Paris 1873. S. 71.
 
Annotationen