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Durm, Josef
Handbuch der Architektur (Theil 2, Die Baustile ; Bd. 2): Die Baukunst der Etrusker, die Baukunst der Römer — Darmstadt, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.2021#0120
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"3

Als leichtes Material, das nur bei ganz unregelmäfsigem Bruchfteinmauerwerk
und bei Gufsgewölben verwendet wurde, find Cruma, eine grobe, poröfe, leichte
Lava-Schlacke von dunkel rothbrauner Farbe, und Bimsftein zu nennen.

Ein Stein, der feiner transparenten Eigenfchaften wegen gefchätzt wurde, war
der Spiegelftein (Lapis fpecularis), Selenit, Marienglas. In dünne Scheiben gefpalten,
wurde er wohl zum Verfchliefsen von Oeffnungen gebraucht, bei welchen die Luft
abgefperrt und dem Tageslicht Zugang verfchafft werden follte. Sein Verhalten
gegen Hitze und Frort war bekannt.

Ein weifser, mit gelben durchfichtigen Adern verfehener Stein — Phengites
(Leuchtftein) — dabei hart wie Marmor, wurde in Neronifcher Zeit in Kappadokien
gebrochen. Der Tempel der Fortuna, welche die Saatgöttin heifst, wurde davon
erbaut, und defshalb war »das Tempelinnere bei verfchloffenen Thüren am Tage
tageshell« [Plinius, Lib. XXXVI, 46).

Trotz der reichen Fülle von vorzüglichem natürlichem Baumaterial im Lande
muffte doch die gefammte, beherrfchte Welt ihre einfchlägigen Erzeugniffe der ge-
bietenden Roma zur Verfügung ftellen, und fie ward nicht müde, auch wenn fich
die Schwierigkeiten der Befchaffung noch fo hoch aufthürmten, ausgiebig Gebrauch
davon zu machen. Griechenland, Spanien, Aegypten und Kleinafien mufften ihre
Brüche für den Bedarf der Weltftadt öffnen.

Neben den natürlichen Steinen geht auch in der römifchen Architektur der Ge-
brauch von künftlichen Steinen zu Bauzwecken her. Die femitifchen Völker, Baby-
lonier, Phöniker, Aegypter und Griechen waren mit diefem einfachften und alterten
Zweige der Thonwaaren-Induftrie früh vertraut; bei den Römern war er von Alters
her in Uebung. Aber nicht als gebrannte Waare, fondern als Luftziegel, d. h. als
an der Sonne getrocknete Lehmfteine, wurden fie in ältefter Zeit verwendet.

Vitruv (Lib. II, 3) und Plinius (Lib. XXXV, 46) verlangen vom Rohmaterial,
dafs es kies- und fandfrei fei; es follen die Steine aus kreidigem und weifslichem
Boden oder aus Rötheierde (feft lagerndem, lehmhaltigem Boden) geftrichen werden.
Als die geeignetfte Zeit für die Fabrikation wurden Frühling und Herbft erachtet.
Vor der Verwendung mufften fie gewöhnlich 2 Jahre lagern; in Utica verlangte ein
Gefetz fogar 5 Jahre Lagerzeit.

Auf dem Lande mag das Bauen mit diefen Steinen ziemlich lange vorgehalten
haben, eben fo die Verwendung derfelben beim Innenbau in Städten. Nach Vitruv
wurden fie in Augufteifcher Zeit in Rom, der Stadt, nicht mehr gebraucht j in Pom-
peji find fie nicht nachweisbar. Die Nachrichten, dafs Städtemauern im regenreichen
Klima damit aufgeführt waren, erfcheinen doch wohl nur dann glaubhaft, wenn wir
eine deckende Schicht über dem aus Luftfteinen hergeftellten Mauerkern annehmen,
z. B. Afphaltirung oder Blendung deffelben mit natürlichen oder künftlichen Hartfteinen.

Die fo oft angezogenen alten »Luftziegelmauern« von Arretium erweifen fich
in Wirklichkeit als mächtige Bruchfteinmauern (vergl. Art. 19, S. 8 u. 9).

Der Luftziegel hiefs Later (rcXivSos) und wurde hergeftellt, indem der forgfältig
von fremden Beftandtheilen gereinigten und angefeuchteten Erde Strohhäckfel bei-
gemengt wurde, welche Mifchung in der Hand oder in befonderen Formen zu Ziegeln
geftrichen wurde, die dann unter Umwenden an der Sonne getrocknet wurden.

Der gebrannte Ziegel (Backftein) wurde mit Laterculus oder Later coctus, coclilis,
teflaceus 69) bezeichnet. Er war ein wichtiger Factor in der römifchen Bautechnik

69) Vergl. Nissen, H. Pompejanifche Studien zur Städtekunde des Alterthums. Leipzig 1877. S. 24.
Handbuch der Architektur. II. 2. 8

Luftziegel.

; 84.
Backfteine.
 
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